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Solimana (6.093 m) – Auf einem neuen Weg zum Gipfel

Start in Arequipa

Mit prall gefüllten Rucksäcken, einer Schachtel voll mit Essen, 10 Litern Wasser und zwei weiteren Taschen für den kommenden Tag – gesamt ca. 78 kg – sind wir letzten Freitagabend in den Bus Richtung Cotahuasi eingestiegen. 7 Stunden später, um 2:00 Uhr nachts, haben wir den Busfahrer gebeten anzuhalten. Mitten in der Wüste auf 4.560 m über dem Meer. Mit geschultertem Gepäck ging es noch ein paar hundert Meter von der Straße Richtung Berg, wo auf 4.600 m unser erstes Camp entstehen sollte.

Der Start in Arequipa – mit 78 kg Gepäck

Wir wussten natürlich, dass es nicht ganz der gängigen Lehrmeinung betreffend einer optimalen Akklimatisation entspricht, das erste Lager auf 4.600 m zu erreichten. Deshalb ließen wir es erst langsam angehen. Nach einem feinen Frühstück packten wir einen Teil unserer Bergausrüstung und machten uns auf den Weg Richtung Südostwand des Nevado Solimana.

Unser Ziel – die selten besuchte Südostwand des Nevado Solimana (6.093 m)

Der Weg zur Solimana-Südostwand

Nach gut 6 Kilometern und 530 Höhenmetern deponierten wir unsere Ausrüstung und stiegen wieder zum Zelt ab. Die erste richtige Nacht auf 4.600 m verlief sehr gut, weshalb wir am Sonntag mit gutem Gewissen unser Zelt abbauten und mit der restlichen Ausrüstung aufsteigen. Nachdem wir unser Camp auf 5.130 m eingerichtet hatten und bei einer Tasse Kaffee feststellen durften, dass noch immer alles in bester Ordnung ist, packten wir ein weiteres Mal unsere Rucksäcke.

Einerseits wollten wir wieder einen Teil der Ausrüstung höher hinauf bringen, andererseits schwanden unsere Wasservorräte, weshalb uns ein Sack von dem weiter ober liegenden Schnee sehr willkommen war.

So ging es hinauf auf 5.400 m, wo das nächste Materialdepot entstand. Mit dem guten Solimana-Schnee kochten wir uns später ein feines Abendessen.

Unser zweites Camp am Solimana, auf 5.130 m

Auch unsere dritte Nacht am Berg brachte keine Probleme. So wurden die Rucksäcke ein weiteres Mal gepackt und die Reise ging weiter. Am Depot vorbei, über einen kleinen Pass mit 5.520 m und wieder hinunter zu einem tollen windgeschützten Platz am Fuße der Solimana-Südostwand. Jetzt hieß es nur nochmal über den Pass zum Depot, und mit der restlichen Ausrüstung zurück zu unserem Camp 3.

Dieser Tag war nicht nur deshalb ein besonderer Tag, weil wir unseren Anmarsch zum Berg erfolgreich abschließen konnten, es war auch Klaus‘ Geburtstag. Dafür hatten wir feine Nudeln und ein edles Barilla-Pesto geplant. Das Pesto war sehr gut, die Nudeln hatten schlussendlich eher eine püreeige Konsistenz. Man kann zwar nicht sagen, dass es sehr deliziös war, aber der anschließende Becher Rotwein hat vorzüglich gemundet.

Unser drittes Camp auf 5.440 m

Auf neuen Wegen zum Gipfel

Die folgende Nacht war mit -16 °C recht kalt, und die nicht ganz perfekte Akklimatisation hat uns nicht wirklich tief und fest schlafen lassen, dennoch sind wir am nächsten Tag hochmotiviert gestartet. Unser Ziel war, eine neue Route auf den Gipfel dieses wenig bestiegenen Vulkans zu finden.

Die Berge um Arequipa sind bei Bergsteigern nicht so beliebt wie die Gipfel der Cordillera Blanca oder die 6.000er in Bolivien. Der Bergtourismus beschränkt sich hier fast ausschließlich auf den Misti und den Chachani, die direkt oberhalb von Arequipa liegen und leicht erreichbar sind. Wer einen exotischeren Berg im Süden Perus sucht, landet eher am 330 m höheren Coropuna, als am Solimana.

Der Normalweg auf den Solimana befindet sich auf der Nordseite des Berges, weshalb die Südostwand nur selten besucht wird. Weiters ist der Fels hier sehr brüchig und gute Eisbedingungen herrschen nur in den Wochen nach der Regenzeit.

Der zentrale Teil der Solimana-Südostwand (rechte Bildhälfte)

Als ich vor einem Jahr am Coropuna unterwegs war ist mir diese Wand aufgefallen. Sie schien technisch nicht extrem anspruchsvoll, dennoch weitaus steiler als die üblichen Anstiege auf die südamerikanischen 6.000er. Mit ihren gut 500 Metern Höhe ist sie zwar kein Riese, dennoch ist ein Besteigungsversuch eine ernsthafte Angelegenheit.

Und jetzt war der Tag gekommen. Erst ging es ein Stück näher an die Wand, dorthin, wo wir den Beginn einer schönen Linie gesehen hatten. Wir folgten dem geplanten Verlauf, und langsam steilte sich die Wand auf. Aus 40 wurden 45 Grad, und aus 45 Grad 50. Nach ungefähr einem Viertel der Wand sahen Klaus und ich gleichzeitig eine tolle Linie. Direkt oberhalb von uns begann ein schmales Firn- und Eis-Couloir, das gerade zum Grat führte und sich dabei langsam aufsteilte.

Jetzt war die Frage, steil und schmal, oder ein bisschen flacher und ein bisschen breiter. Die Entscheidung war schnell gefallen und wir zogen unsere Spuren gerade nach oben.

Die Bedingungen in unserer Rinne waren so gut, dass wir auch in den 55 bis 60 Grad steilen Passagen das Seil im Rucksack lassen konnten.

Am späteren Vormittag erreichten wir den Grat. Diesem folgten wir in einem Auf und Ab in Fels und Eis bis zum Col einige Höhenmeter unterhalb des Gipfels. Diese paar Meter oberhalb von 6.050 m hatten es noch einmal in sich.

Vier Stunden nach unserem Aufbruch im Camp 3 standen wir glücklich am Gipfel des 6.093 Meter hohen Nevado Solimana. Es hätte nicht besser laufen können.

Nach einem Schluck Tee und ein paar Bildern ging es dann auch schon wieder hinunter. Wir wählten die steile Südflanke, die dank des vielen Schnees gut begehbar war. Am Einstieg gönnten wir uns noch einen Blick in diese perfekte Rinne, die uns zum Gipfel geführt hatte.

Zwei Stunden nach unserem Gipfelerfolg waren wir wieder beim Zelt und kochten erstmal Tee, um verlorene Flüssigkeit nachzutanken.

Ob unsere Route nun wirklich eine Erstbegehung ist oder nicht, kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Doch die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch, da sich eben nur selten Bergsteiger in diese Wand verirren. In den nächsten Wochen werden wir mehr erfahren, wenn wir Rückmeldung von entsprechenden Stellen bekommen.

Zurück in die Zivilisation

Ursprünglich hatten wir mit ein paar Tagen mehr am Solimana geplant, aber alles lief wie am Schnürchen und wir hatten unser großes Ziel erreicht. Also konnten wir uns mit gutem Gewissen in wärmere Gefilde aufmachen.

Am nächsten Tag packten wir unsere schweren Rucksäcke und gingen los. Nach 13 km, 1.000 Höhenmetern im Abstieg und gut 4 Stunden erreichten wir die Straße, von der wir gestartet waren.

Der Rest war leicht: Auf Autos oder Busse warten – in unsere Richtung fahrende Autos sahen wir schon 10 Minuten vor ihrer Ankunft bei uns – Daumen raus, einsteigen, fertig.

Und eigentlich kann man ja auch sagen, dass wir Glück hatten. Denn tatsächlich hat uns schon das vierte in die richtige Richtung fahrende Fahrzeug mitgenommen und ins 7 Stunden entfernte Arequipa mitgenommen. Nur, dass es sechs Stunden gedauert hat, bis dieser Bus für uns angehalten hat.

Doch wir wussten uns zu beschäftigen. Erst galt es, den restlichen Geburtstags-Rotwein auszutrinken, dann mussten natürlich die herumstehenden Steine beklettert werden, und als es dann dunkel wurde, gab es unzählige Sternbilder, die es zu lernen galt.

Spät in der Nacht erreichten wir Arequipa. Am nächsten Tag waren wir mit dem Waschen und Sortieren der Ausrüstung, sowie viel essen und trinken beschäftigt.

Am Freitag gönnten wir uns noch mehr Erholung, wir stiegen in den Bus nach Mollendo an der Pazifikküste. Dort genossen wir das Meer, Fisch, Ceviche, Meeresfrüchte und gelegentlich ein Bierchen. Der perfekte Ort zum Relaxen…

Inzwischen sind wir wieder in Arequipa angekommen. Die kommenden Tage verbringen wir entspannt in den hiesigen Klettergebieten. Ende Woche muss Klaus wieder zurück in die Heimat und für mich geht es noch einmal zum Coropuna, ich habe dort seit einem Jahr noch eine Rechnung offen…

Start des Projektes „Solimana 2019“

Nach einem langen Flug sind Klaus und ich vorgestern in Arequipa angekommen. Wir durften uns bei unserem Bergführer-Kollegen Julver einquartieren.

Gestern haben wir mit den Vorbereitungen für den Berg begonnen. Essen musste eingekauft werden, was gar nicht so leicht war. Wir tragen alles selbst, daher muss es super schmecken, abwechslungsreich und reichhaltig sein, darf aber fast nichts wiegen. Am Nachmittag besorgten wir noch unser Busticket zum Berg, danach hatten wir uns einen Pisco Sour nach diesem ersten erfolgreichen Tag definitiv verdient.

Nach weiteren Vorbereitungen heute Vormittag wird jetzt gepackt, um 19:00 Uhr statten wir die 8 Stunden lange Busfahrt Richtung Norden.

Bald geht es los, und wir freuen uns schon auf spannende Tage in der Wüste und am Berg…

Solimana

Das Projekt »Solimana 2019«

Der Solimana ist ein 6.093 m hoher Vulkan im Süden Perus und steht im Schatten seines Nachbarn Coropuna. Daher wird er nur selten bestiegen und es gibt noch viel Potential für neue Touren am Berg.

Klaus Witwer (Berg- & Skiführer aus Raggal bzw. Thüringen in Vorarlberg) und ich starten Mitte Mai diesen Jahres zum Solimana, um neue Wege auf den Gipfel zu finden.

Weitere Infos zu unserem Projekt auf der Website solimana.derberg.at.