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40er-Service: Hintergründe meiner »Social Silence«

In den letzten Monaten war es auf meinen Social-Media-Kanälen recht still. Der Grund dafür sind zwei Verletzungen, die mich seit Ende August davon abgehalten haben, spannende Dinge in den Bergen zu unternehmen und davon zu berichten.
Für jene die es interessiert, hier ein paar Zeilen zu den Geschehnissen in dieser Zeit:

Was für ein Sommer!

Angefangen hat er mit dem ersten Teil der Ausbildung zum Canyoning-Guide, ein paar tollen Schluchten im Land, Touren und Kurse in der Silvretta und im Rätikon, zwischendurch ein bisschen klettern und dann noch eine großartige Tourenwoche im schönen Wallis. Das Highlight war dann die erfolgreiche Expedition zum Pik Lenin Ende Juli bis Mitte August.

Danach hatte ich mir arbeitstechnisch ein wenig Ruhe gegönnt, um mich bestens auf den zweiten und letzten Teil der Canyoningguide-Ausbildung vorzubereiten, die notwendigen Schluchten als Co-Guide zu machen, mir den Traum vom Fliegen zu erfüllen und mich für das eine oder andere Bergprojekt in Südamerika vorzubereiten. Doch es kam ein wenig anders.

Ein kleiner Ausrutscher und eine unglückliche Landung

Dass es im Bach rutschig sein kann, das weiß jede*r. Und ein bisschen rutschen ist ja nicht so schlimm, blaue Flecken und die eine oder andere Schürfwunde heilen schnell. Ein kleiner Ausrutscher Ende August sollte mich jedoch noch länger beschäftigen. Die Kombination Dreck, Nässe, Neigung und ein schwerer Rucksack sind nicht optimal. Wenn man unter diesen Umständen rutscht ist es nicht ratsam, sich mit der einen noch freien Hand nach hinten abstützen. Ich habe es gemacht, konnte mit dem dann folgenden Schmerz jedoch gut leben. Das Bier nach der Tour ließ sich auch mit Links zum Mund führen. Und wenn man am nächsten Tag noch arbeiten kann, dann ist’s ja sicher nicht allzu schlimm. Dachte ich.

Diesen nächsten Tag im Canyon hätte ich mir besser gespart, denn beim letzten (und einzigen) Sprung im kleinen und sehr gemütlichen Matonabach in Buchboden war da ein Stein, mit dem mein Sprunggelenk keine Freude hatte. Zumindest war das meine Interpretation des Schmerzes nach der Landung.

Aber – wie immer – so schlimm kann es nicht sein, wenn man sich noch zum Auto schleppen, entspannt ins Krankenhaus fahren und in die Ambulanz humpeln kann. Nachdem ich im Röntgenzimmer aufgefordert wurde, in einen Rollstuhl zu klettern ohne den Fuß zu belasten, bestätigte mir der Schiebende, dass das eher kein gutes Zeichen sei.

Zwei Stunden nach dem Sprung verließ ich auf einem Bein hüpfend (es gab einen Krücken-Lieferengpass in Bludenz) mit Gips und der Diagnose »Fraktur Innenknöchel rechts« das Krankenhaus. Blöd, weil den Gleitschirmkurs und die Canyoningguide-Ausbildung musste jetzt abgesagt werden.

Was tun mit soviel Zeit Freizeit? Ganz klar: Buchhaltung, die Papierstapel abarbeiten, das längst überfällige Filmprojekt abschließen, die Websites fertigstellen, an denen ich schon viel zu lange arbeite und nebenher heilen. Oder Urlaub? Google sagt, fliegen mit Gips und Krücken ist kein Problem. Hmmm. Eine schwere Entscheidung? Nein.

Vier Tage nach der Verletzung war dann auch der erste Flug in die Ukraine gebucht. Odessa soll schön sein, da war ich noch nie. Und Georgien, da wollte ich schon lange hin. Auch das war schnell gebucht und der Kontrolltermin im LKH Bludenz passte genau dazwischen hinein. Perfekt. Es folgte eine schöne, erholsame Zeit im Osten, mit lieben Menschen, die man schon zu lange nicht mehr gesehen hat.

Der Schlamassel mit der Schulter

Was außerdem in die zwei Tage zwischen den Reisen passte, war ein kurzer Besuch bei meiner Hausärztin. Die Sache mit der Schulter fühlte sich noch nicht ganz okay an. Natürlich, Rucksack und Krücken waren der Heilung nur bedingt dienlich, deshalb wollte ich mir sicherheitshalber betätigen lassen, dass alles super ist. Es gab dann aber eine Überweisung ins MR-Institut, Ende September hatte ich den Termin.

Der Befund versprach eine Verlängerung der 40er-Servicearbeiten. Da war einiges an Sand im Getriebe: Die Supraspinatussehne war ab und hatte sich fast zwei Zentimeter zurückgezogen. Die lange Bizepssehne war zur Hälfte eingerissen und einen entzündeten Schleimbeutel gab es noch gratis dazu. Das hieß Operation, viel Physio und fünf bis sechs Monate Pause. Adios Frühwinter-PowPow, Eisklettern und Reisen. Auch die Tour in Patagonien konnte ich nun endgültig abhaken und die weitere Planung für den Herbst einstellen.

Vor 5 Wochen hatte ich meine Operation in Innsbruck. Der Schleimbeutel ist nun weg, die lange Bizepssehne wurde gekappt und wohl aus Gewichtspargründen verkürzt (Dr. Sperner weiß, dass ich gerne klettere). Das Schulterdach hat zudem einen schnittigen neuen Schliff bekommen und die Supraspinatussehne wurde mit zwei Klemmkeilen, zwei Copper Heads und den besten Kevlar-Reepschnüren am Markt wieder so fixiert, wie es sein sollte.

Seither halte ich mich strikt an die Anweisungen des Arztes und des Physiotherapeuten. Den über die Wochen angehäuften Krankenstand-Speck an meiner Körpermitte versuche ich mit dem geliehenen Hometrainer (danke Schwesterchen!) in Muskelmasse zu verwandeln und an den Oberschenkeln anzusiedeln. Die Gerätschaften, mit denen ich bei der Physiotherapie hantiere, habe ich mir im Schlafzimmer nachgebaut und so angepasst, dass auch die Unterarme etwas von dem ganzen Vor und Zurück und Rauf und Runter haben.

Dr. Sperner meinte letzte Woche, meinen ersten Klimmzug kann ich dann in drei bis vier Monaten machen, es wird also noch ein bisschen dauern, bis ich wieder richtig Gas geben kann. Aber, am Wochenende fand ich heraus, dass die gut 1.000 Höhenmeter auf den Hohen Fraßen mit dem lädierten Knöchel wieder ganz gut möglich sind – und das macht Freude. Das einzige Problem das ich auf mich zukommen sehe ist, »Wie schaffe ich es neben den vielen jetzt geplanten Projekten, Reisen und Touren noch ein bisschen Zeit zum Arbeiten zu finden?«

Diesen 40er-Service erkläre ich nun für quasi abgeschlossen. Nicht nur für mich gut, denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass jede meiner Verletzungen einen Lockdown mit sich bringt (kaputter Daumen im Winter 2020, Knieverletzung im Herbst 2020 und nun das hier).

Genießt auch ihr die gerade angefangene ruhige Zeit, als Motivation möchte ich euch ein optimistisches Ständchen von Christoph und Lollo empfehlen…

Heli Sertig

Die Gravitation macht keine Fehler

Letzten Sonntag (9. Februar 2020) bin ich bei einem Eiskletterkurs in Sertig, Davos ca. 20 m abgestürzt, wobei ich mich unglaublicherweise nur an der Hand verletzt habe.

Wenn ein alpiner Unfall passiert, entstehen immer Fragen nach dem Wie und Warum. Es wird spekuliert, geredet, verdächtigt und verurteilt. Auch ich bin immer neugierig und will wissen, was wirklich passiert ist.
Es geht jedoch nicht nur um die Neugierde, sondern auch darum, aus einem solchen Ereignis zu lernen. Deshalb möchte ich hier von meinem Absturz berichten.

Am Sonntag war ich zusammen mit meinem Bergführerkollegen Tobias mit Teilnehmern von zwei Eiskletterkursen (Grundkurs und Fortgeschrittenenkurs) in Sertig, Davos, Schweiz. Nach dem Aufstieg zu den Eisfällen ging es darum, mehrere Toprope-Stände einzurichten. Wir wählten den breiten und nicht allzu steilen Eisfall rechts der Säule (von unten gesehen). Tobias hängte ein Seil in der linken Hälfte des Falls ein, ich wollte auf der rechten Seite hoch. Ich ließ mich von einem Teilnehmer sichern, den ich von einem anderen Kurs kannte und von dem ich wusste, dass er regelmäßig in der Senkrechten unterwegs und äußerst erfahren ist.

Ich verwendete ein 50 m Einfachseil, band mich mit doppeltem Bulinknoten ein und fragte währenddessen die 4 Teilnehmer meines Fortgeschrittenenkurses über die einzelnen Punkte des Partnerchecks aus. Klettergurte, Anseilknoten, Sicherungsgerät, Schrauber, Knoten im Seilende und – vor allem beim Eisklettern – genügend Eisschrauben und Standplatzmaterial am Gurt. Ich kontrollierte kurz Gurt, Sicherungsgerät und Schrauber des Sichernden und legte los. Um schneller voran zu kommen ging ich die ersten Meter über ein Schneefeld rechts des Eisfalles hinauf, dann weiter im Eis, das immer steiler wurde. Das Eis war perfekt und das Klettern machte richtig Spaß.
Oberhalb der dritten von mir gesetzten Eisschraube erreichte ich eine schon vorhandene Sanduhrschlinge, die ich als Sicherungspunkt für den ersten Toprope-Stand verwenden wollte. Einen halben Meter oberhalb dieser Schlinge bohrte ich eine weitere Eissanduhr, fädelte ein Stück Halbseil hindurch und verlängerte es mit einer Bandschlinge zur unteren Schlinge. Mein Kletterseil hängte ich in zwei Drei-Wege-Sicherheitskarabiner ein und ließ mich abseilen.

Darauf, wie viele Meter ich hinaufgeklettert war, hatte ich nicht geachtet. Es waren ja nur drei Eisschrauben, und allzu weit sah es von oben nicht aus. Dass das Seil zu kurz sein könnte, ging mir zu keinem Zeitpunkt durch den Kopf.
Beim (passiven) Abseilen hielt ich mich links der Falllinie, um einen weiteren Toprope-Stand für ein kürzeres Seil (das ich an meinem Gurt befestigt hatte) einzurichten. Die beiden Eisgeräte hielt ich in der Hand. Ich hatte einen guten Platz gefunden und bat den Sichernden, mich noch ein bisschen abzulassen.

Auf einmal hielt mich das Seil nicht mehr. Ich fiel nach unten. Nach zwei Metern Fall ging mir durch den Kopf, dass da wohl irgendwo zu viel Schlappseil gewesen sein muss, nach zwei weiteren Metern dachte ich, dass dies nicht der Grund sein kann, denn dann würde ich jetzt wieder im Seil hängen. Es ging weiter nach unten und ich musste einsehen, dass ich über den Eisfall abstürzte. Ungebremst. In mir entstand eine unendliche Wut. Darauf, dass ich abstürzte. Nach einem Wutschrei schlug ich am Eis knapp oberhalb des Einstiegs auf. Danach ging es weiter durch den steilen Schnee und ich kam zum Stehen. Außer möglichst steif zu bleiben, konnte ich während dem Sturz nichts machen.

Nachdem ich zum Stillstand gekommen war, hörte ich Tobi meinen Namen rufen. Ich antwortete mit einem immer noch zornigen „Ja!“. Ich war nicht wütend auf mich oder den Sichernden, sondern auf die Tatsache, dass ich abstürzen musste. In diesem Moment sah ich meinen Sturz als eine der sinnlosesten Dinge der Welt, dennoch war es gerade eben passiert.

Ich wusste, dass ich ganz schön weit heruntergefallen war und wagte es nicht, mich unnötig zu bewegen. Dass ich mich in einem Schockzustand befand und daher (noch) keine Schmerzen fühlte, war mir klar. Ich sah an mir hinunter und fühlte in mich hinein, um zu prüfen, ob etwas kaputt war. Arme und Beine spürte ich und ich konnte sie auch bewegen. Im Nacken fühlte ich einen leichten Schmerz, weshalb ich es nicht wagte, mich umzudrehen. Mein linker Ellbogen tat weh, doch ich konnte ihn ohne stärker werdende Schmerzen bewegen, was mich beruhigte. Ich fühlte meinen linken Daumen den Handschuh komplett ausfüllen und mir wurde klar, dass da etwas nicht in Ordnung ist. Aber der Daumen war in diesem Moment nicht so wichtig.

Teilnehmer unseres Kurses, andere Eiskletterer und Tobi kamen zu mir und versorgten mich bestens. Rettungsdecke, Biwaksack, Daunenjacke und Fäustlinge. Mein nicht sehr schön aussehender Daumen wurde verbunden und ich auf weitere Verletzungen am Rumpf untersucht. Ich erlebte an mir selbst eine perfekte Umsetzung des Erste Hilfe Handbuches.

Es war klar, dass aufgrund der Sturzhöhe ein eigenständiger Abstieg zu riskant war. Wir wussten nicht sicher, ob die Wirbelsäule verletzt wurde oder ob es zu inneren Verletzungen gekommen ist. So wurde die Rega alarmiert und Flugretter und Notarzt bei mir abgesetzt. Die Punkte aus dem Erste Hilfe Handbuch wiederholten sich, das Ergebnis war dasselbe. Der Notarzt entschied, mich mit dem Bergedreieck ausfliegen zu lassen. Ich bedankte mich bei allen, die sich so vorbildlich um mich gekümmert hatten und wir flogen davon.

Nach der Zwischenlandung stieg ich eigenständig in den Hubschrauber ein und ging dann auch zu Fuß vom Helipad in den Behandlungsraum im Spital Davos. Dass dies möglich war, beruhigte mich weiter und ließ mich eher gespannt als beängstigt auf die Ergebnisse der kommenden Untersuchungen blicken. Daumen und Ellbogen wurden geröntgt, am Ellbogen wurde nichts Auffälliges gefunden. Beim Daumen sah es nicht so gut aus, weshalb noch ein CT gemacht wurde. Nachdem die Bilder fertig waren, empfahl mir Frau Dr. Tatjana Kaulitz, einen Handchirurgen aufzusuchen. Ich wurde entlassen und Tobias chauffierte mich zurück in die Heimat. Während der Fahrt informierte ich mich, wo ich am besten einen leistbaren Handchirurgen finden könnte.

Das Ergebnis meiner Recherche legte die Uniklinik in Innsbruck nahe. Ich rief an, mir wurde versichert, dass ich im Laufe der Woche operiert werden könne und ich fragte meine Mutter, ob sie Lust hätte, mich in die Tiroler Hauptstadt zu bringen.

Kurz vor 22:00 Uhr kamen wir dort an, ich meldete mich an, ging in die Ambulanz und hatte ein weiteres Mal Glück. Diensthabender Oberarzt war in dieser Nacht gerade Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Rohit Arora, Leiter der Handchirurgie. Er erklärte mir zwar, dass ich den Daumen ziemlich gründlich zerstört hätte, und dass das Daumenendgelenk wohl nie mehr so funktionieren würde wie vorher, aber er sagte mir auch, dass er den Finger gleich operieren könne. Kurz vor Mitternacht wurde er dann betäubt, ich landete im OP und es ging los. Eine halbe Stunde später hatte ich zwei Drähte und einen Fixateur externe im Daumen und der Unterarm war im Gips.

Die folgenden Tage waren wenig ereignisreich, am Donnerstag packte ich meine Sachen und fuhr mit dem Zug wieder nach Hause. Jetzt heißt es erstmal entspannen und den Knochen heilen lassen. In einem Monat kommt das Metall wieder raus und dann wird es hoffentlich nicht mehr allzu lange dauern, bis ich auch mit meiner linken Hand wieder Skistöcke, Eisgeräte, Klettergriffe und die Kamera halten und bedienen kann…

 

Was ist passiert?

Nachdem mein Sturz im Schnee endete und ich feststellen durfte, dass soweit alles in Ordnung war, wollte ich unbedingt wissen, was denn nun zu meinem Absturz geführt hatte. Viel ging mir durch den Kopf, aber nichts ergab Sinn. Seilriss? – Unmöglich. Anderes Materialversagen? – Auch nicht wahrscheinlich, denn es war alles doppelt abgesichert, so, wie es sein sollte. Ausbruch einer Eissanduhr? – Auch unmöglich. Der logische und einfachste Grund wollte mir nicht einfallen: Zu weit hinaufgeklettert und kein Knoten im Seilende. Eine Absturzursache, die leider viel zu oft vorkommt und die so leicht verhindert werden kann.

Beim Hinaufklettern hatte ich so viel Spaß an der Sache, dass ich nicht viel über die Länge des Seils nachdachte. Ich blickte gelegentlich nach unten, und wenn ich sah, dass die letzte Eisschraube schon ziemlich weit unter mir war, setzte ich eine neue. Als mein Ziel sah ich eine Eissanduhr-Schlinge, die solid aussah und mir das Bohren eines zweiten Sicherungspunktes ersparte. Als ich dort ankam, hatte ich drei Schrauben als Zwischensicherung gesetzt und ich verschwendete keinen Gedanken an die gekletterte Länge. Im Klettergarten ist man nach drei Expressschlingen maximal 10-12 m über dem Boden. Tatsächlich bin ich aber ca. 35 m hinaufgeklettert. So blieben mir nur noch 15 m Seil zum Abseilen. Das geht sich nicht aus, egal wie man es dreht. Das war der erste Fehler.

Der zweite Fehler war der nicht gemachte Knoten am Seilende.
Ich würde mich selbst schon eher als recht vorsichtigen und wenig leichtsinnigen Bergführer und Kletterer bezeichnen. Durch meine Arbeit als Bergführer bin ich sicher noch gewissenhafter geworden. Und gerade dieser eine Knoten wird von mir meist auch dann gemacht, wenn er eigentlich nicht notwendig wäre. Es ist keine Woche her, als ich mich dabei ertappte, wie ich einen Knoten in das Seilende eines 80 m Stricks machte, um dann in eine Route einzusteigen, die keine 20 m lang war. Aber – sicher ist sicher, der Knoten schadet nie.
So habe ich die Wichtigkeit des Knotens auch während dem Einbinden am Fuße des Eisfalls erwähnt, nur eben nicht gemacht. Als Bergführer ist es allein meine Verantwortung, diesen Knoten zu machen und zu kontrollieren, vor allem wenn ich Teil der Seilschaft bin.

Ich habe mich auch immer wieder gefragt, warum mir dieser Fehler passieren konnte. Denn meiner Meinung nach ist er nicht typisch für mich. Wahrscheinlich hat auch etwas anderes in meinem Kopf mitgespielt. Ich war noch ein wenig von einer Erkältung geschwächt, der ich nie die Zeit gegeben habe, komplett auszuheilen. Es ist Hochsaison und als Bergführer kann und will man sich von einer kleineren Krankheit nicht vom Arbeiten abhalten lassen. Denn kurzfristiger Ersatz kann in der Hochsaison nur selten gefunden werden, die Kunden will man nicht hängen lassen und das Geld, das in der Hochsaison nicht erarbeitet wird, lässt sich in der Nebensaison nicht einfach so nach-verdienen.

Als Bergführer muss man zu jedem Zeitpunkt 100 Prozent fit und konzentriert sein, denn viele Entscheidungen betreffen die Gesundheit und manchmal das Leben des Kunden und der eigenen Person. Leider lässt sich das nicht immer umsetzen – und Fehler passieren.

Es sind drei Dinge, über die ich unglaublich froh bin:

  • Es hat mich erwischt. Ich alleine muss mit den (körperlichen) Folgen meiner Fehler klarkommen. Viel schlimmer wäre, wenn eine/r meiner Kund*innen abgestürzt wäre.
  • Ich hatte eine freie Sturzbahn und bin mit niemandem am Fuße des Eisfalls zusammengestoßen. Von einem abstürzenden Stefan, der mit Steigeisen, Eisgeräten und Eisschrauben bewaffnet ist, sollte keine*r getroffen werden.
  • Die Sache ist sehr glimpflich ausgegangen. Nach einem solchen Sturz mit Aufprall am Eis muss man eigentlich mit schwereren Verletzungen rechnen. Auch der lange und steile Auslauf in recht weichem Schnee hat Schlimmeres verhindert.

 

Viele der hier gemachen Angaben zu meinem Absturz sind subjektiv. Die Sachen, die mir während und nach dem Absturz durch den Kopf gegangen sind, habe ich so geschildert, wie ich sie in Erinnerung habe. Es kann sein, dass das eine oder andere Detail von Außenstehenden anders wahrgenommen wurde.

Die Längen, die ich hier abgegeben habe, sind nicht mit dem Maßband abgemessen. Ich habe mit Tobias mehrfach darüber geredet und wir haben versucht, diese Längen so genau wie möglich herauszufinden. Tobias ist nach meinem Abtransport noch einmal hinaufgeklettert um die Eisschrauben und Standplätze abzubauen. Dabei konnte er die Höhen noch einmal genauer einschätzen. Weiters war neben dem Punkt, an dem ich einen zweiten Toprope-Stand einrichten wollte, ein knapp 50 m langes Seil von Tobias eingehängt, was die Schätzung der Sturzhöhe vereinfachte.

Die Angaben dürften daher recht gut passen, auf den Meter genau sind sie aber sicher nicht.

Positiv an diesem Unfall ist, dass ich sehr anschaulich demonstrieren konnte, wie wichtig der Knoten am Ende eines Kletterseils ist. Ich bin mir sicher, dass alle beteiligten – ich inklusive – in Zukunft noch mehr darauf achten werden, dass eben dieser Knoten auch gemacht wird.

Ich möchte mich herzlichst bei unseren Kunden, bei Tobi und bei allen Beteiligten am Eisfall für ihre Hilfe und ihr Verständnis danken. Weiters vielen Dank den Teams der Rega, des Spitals Davos, der Unfallambulanz der Uniklinik Innsbruck, dem Handteam in Innsbruck, das mich wieder zusammengeflickt hat, meiner Mama für die Taxidienste und meinen Freund*innen für die vielen Besserungswünsche!

Bis bald in den Bergen, am Fels und in der Boulderhalle!

NEPAL_helfen

NEPAL_helfenDas Erdbeben in Nepal hat die ganze Welt erschüttert. Große Teile eines der ärmsten Länder der Welt sind zerstört, die Be
völkerung ist auf nationale und internationale Hilfe angewiesen.

Nicht nur, wenn man das Land und die Menschen bei Trekkingtouren oder Expeditionen kennengelernt hat, will man helfen.
Neben Lebensmitteln und Mittel zur Wasseraufbereitung werden vor allem Zelte und Planen benötigt, denn bald beginnt die Monsunzeit und Notunterkünfte müssen gebaut und beschädigte Häuser repariert werden.

Material ins Land zu schicken ist logistisch sehr schwierig und die Wahrscheinlichkeit, dass die Sachen sehr spät oder gar nicht ankommen, sehr hoch. Deshalb bitten sowohl die großen, internationalen, als auch die kleinen Hilfsorganisationen um Geldspenden.
Es gibt unterschiedliche Meldungen darüber, dass Spendengelder von der nepalesischen Regierung eingezogen werden, dies trifft jedoch nur teilweise zu.
Will man sicher gehen, dass die Spenden auch wie gewünscht ankommen, sollten Hilfsorganisationen unterstützt werden, die seit mehreren Jahren in Nepal etabliert und registriert sind und zusätzlich über eine eigene Infrastruktur im Land verfügen.

Ein großer Teil der nepalesischen Bevölkerung lebt vom Tourismus, weshalb ein Einbruch in diesem Bereich vor allem längerfristig schwerwiegende Folgen haben wird. Es gibt viele landschaftlich und kulturell faszinierende Gebiete, die nicht oder kaum vom Erdbeben betroffen sind. Die meisten Hotels in Kathmandu, die von westlichen Touristen frequentiert werden sind durch das Beben nicht oder kaum in Mitleidenschaft gezogen worden und warten auf Gäste. Der Wiederaufbau im Solukhumbu und in anderen Regionen wird in den kommenden Monaten weit voranschreiten.
Alle die in Nepal unterwegs waren durften feststellen, dass manche Probleme, die uns Europäern fast unüberwindbar vorkamen, bei den Nepalis kaum ein Stirnrunzeln bewirkt haben und umgehend aus dem Weg geräumt wurden. So wird es auch nach dieser Katastrophe sein.

Träger, Köche, Hotels, Lodges, Restaurants, Trekkingguides, Straßenverkäufer, Taxifahrer, Handwerker etc. sind mehr denn je auf die Einnahmen der kommenden Herbst- und Frühjahrssaisonen angewiesen.

Wir dürfen die Reisedestination Nepal nicht vergessen! Wenn das Zielland für die nächste Trekkingtour oder Expedition noch nicht feststeht, entscheidet euch für NEPAL und macht bei Bekannten und Freunden Werbung für dieses wunderbare Land, seine unvergleichliche Natur, seine einmalige Kultur, seine köstliche Küche und die freundlichen, hilfsbereiten Menschen!