40er-Service: Hintergründe meiner »Social Silence«

In den letzten Monaten war es auf meinen Social-Media-Kanälen recht still. Der Grund dafür sind zwei Verletzungen, die mich seit Ende August davon abgehalten haben, spannende Dinge in den Bergen zu unternehmen und davon zu berichten.
Für jene die es interessiert, hier ein paar Zeilen zu den Geschehnissen in dieser Zeit:

Was für ein Sommer!

Angefangen hat er mit dem ersten Teil der Ausbildung zum Canyoning-Guide, ein paar tollen Schluchten im Land, Touren und Kurse in der Silvretta und im Rätikon, zwischendurch ein bisschen klettern und dann noch eine großartige Tourenwoche im schönen Wallis. Das Highlight war dann die erfolgreiche Expedition zum Pik Lenin Ende Juli bis Mitte August.

Danach hatte ich mir arbeitstechnisch ein wenig Ruhe gegönnt, um mich bestens auf den zweiten und letzten Teil der Canyoningguide-Ausbildung vorzubereiten, die notwendigen Schluchten als Co-Guide zu machen, mir den Traum vom Fliegen zu erfüllen und mich für das eine oder andere Bergprojekt in Südamerika vorzubereiten. Doch es kam ein wenig anders.

Ein kleiner Ausrutscher und eine unglückliche Landung

Dass es im Bach rutschig sein kann, das weiß jede*r. Und ein bisschen rutschen ist ja nicht so schlimm, blaue Flecken und die eine oder andere Schürfwunde heilen schnell. Ein kleiner Ausrutscher Ende August sollte mich jedoch noch länger beschäftigen. Die Kombination Dreck, Nässe, Neigung und ein schwerer Rucksack sind nicht optimal. Wenn man unter diesen Umständen rutscht ist es nicht ratsam, sich mit der einen noch freien Hand nach hinten abstützen. Ich habe es gemacht, konnte mit dem dann folgenden Schmerz jedoch gut leben. Das Bier nach der Tour ließ sich auch mit Links zum Mund führen. Und wenn man am nächsten Tag noch arbeiten kann, dann ist’s ja sicher nicht allzu schlimm. Dachte ich.

Diesen nächsten Tag im Canyon hätte ich mir besser gespart, denn beim letzten (und einzigen) Sprung im kleinen und sehr gemütlichen Matonabach in Buchboden war da ein Stein, mit dem mein Sprunggelenk keine Freude hatte. Zumindest war das meine Interpretation des Schmerzes nach der Landung.

Aber – wie immer – so schlimm kann es nicht sein, wenn man sich noch zum Auto schleppen, entspannt ins Krankenhaus fahren und in die Ambulanz humpeln kann. Nachdem ich im Röntgenzimmer aufgefordert wurde, in einen Rollstuhl zu klettern ohne den Fuß zu belasten, bestätigte mir der Schiebende, dass das eher kein gutes Zeichen sei.

Zwei Stunden nach dem Sprung verließ ich auf einem Bein hüpfend (es gab einen Krücken-Lieferengpass in Bludenz) mit Gips und der Diagnose »Fraktur Innenknöchel rechts« das Krankenhaus. Blöd, weil den Gleitschirmkurs und die Canyoningguide-Ausbildung musste jetzt abgesagt werden.

Was tun mit soviel Zeit Freizeit? Ganz klar: Buchhaltung, die Papierstapel abarbeiten, das längst überfällige Filmprojekt abschließen, die Websites fertigstellen, an denen ich schon viel zu lange arbeite und nebenher heilen. Oder Urlaub? Google sagt, fliegen mit Gips und Krücken ist kein Problem. Hmmm. Eine schwere Entscheidung? Nein.

Vier Tage nach der Verletzung war dann auch der erste Flug in die Ukraine gebucht. Odessa soll schön sein, da war ich noch nie. Und Georgien, da wollte ich schon lange hin. Auch das war schnell gebucht und der Kontrolltermin im LKH Bludenz passte genau dazwischen hinein. Perfekt. Es folgte eine schöne, erholsame Zeit im Osten, mit lieben Menschen, die man schon zu lange nicht mehr gesehen hat.

Der Schlamassel mit der Schulter

Was außerdem in die zwei Tage zwischen den Reisen passte, war ein kurzer Besuch bei meiner Hausärztin. Die Sache mit der Schulter fühlte sich noch nicht ganz okay an. Natürlich, Rucksack und Krücken waren der Heilung nur bedingt dienlich, deshalb wollte ich mir sicherheitshalber betätigen lassen, dass alles super ist. Es gab dann aber eine Überweisung ins MR-Institut, Ende September hatte ich den Termin.

Der Befund versprach eine Verlängerung der 40er-Servicearbeiten. Da war einiges an Sand im Getriebe: Die Supraspinatussehne war ab und hatte sich fast zwei Zentimeter zurückgezogen. Die lange Bizepssehne war zur Hälfte eingerissen und einen entzündeten Schleimbeutel gab es noch gratis dazu. Das hieß Operation, viel Physio und fünf bis sechs Monate Pause. Adios Frühwinter-PowPow, Eisklettern und Reisen. Auch die Tour in Patagonien konnte ich nun endgültig abhaken und die weitere Planung für den Herbst einstellen.

Vor 5 Wochen hatte ich meine Operation in Innsbruck. Der Schleimbeutel ist nun weg, die lange Bizepssehne wurde gekappt und wohl aus Gewichtspargründen verkürzt (Dr. Sperner weiß, dass ich gerne klettere). Das Schulterdach hat zudem einen schnittigen neuen Schliff bekommen und die Supraspinatussehne wurde mit zwei Klemmkeilen, zwei Copper Heads und den besten Kevlar-Reepschnüren am Markt wieder so fixiert, wie es sein sollte.

Seither halte ich mich strikt an die Anweisungen des Arztes und des Physiotherapeuten. Den über die Wochen angehäuften Krankenstand-Speck an meiner Körpermitte versuche ich mit dem geliehenen Hometrainer (danke Schwesterchen!) in Muskelmasse zu verwandeln und an den Oberschenkeln anzusiedeln. Die Gerätschaften, mit denen ich bei der Physiotherapie hantiere, habe ich mir im Schlafzimmer nachgebaut und so angepasst, dass auch die Unterarme etwas von dem ganzen Vor und Zurück und Rauf und Runter haben.

Dr. Sperner meinte letzte Woche, meinen ersten Klimmzug kann ich dann in drei bis vier Monaten machen, es wird also noch ein bisschen dauern, bis ich wieder richtig Gas geben kann. Aber, am Wochenende fand ich heraus, dass die gut 1.000 Höhenmeter auf den Hohen Fraßen mit dem lädierten Knöchel wieder ganz gut möglich sind – und das macht Freude. Das einzige Problem das ich auf mich zukommen sehe ist, »Wie schaffe ich es neben den vielen jetzt geplanten Projekten, Reisen und Touren noch ein bisschen Zeit zum Arbeiten zu finden?«

Diesen 40er-Service erkläre ich nun für quasi abgeschlossen. Nicht nur für mich gut, denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass jede meiner Verletzungen einen Lockdown mit sich bringt (kaputter Daumen im Winter 2020, Knieverletzung im Herbst 2020 und nun das hier).

Genießt auch ihr die gerade angefangene ruhige Zeit, als Motivation möchte ich euch ein optimistisches Ständchen von Christoph und Lollo empfehlen…

7.134 m! Erfolg am Pik Lenin

Es ist ein langer Weg zum Gipfel des Pik Lenin. Und das in vielerlei Hinsicht. Die Vorbereitung in der Heimat, die Reise zum Berg, die Akklimatisationsphase, in der sich Träume in Frust und Ärger wandeln können (wie auch wir lernen mussten). Und dann der große Tag. An dem alles passen muss. Wetter, Gesundheit, Motivation und so vieles mehr. Martin, Stefanie, Cornelius und ich haben den langen Weg zum Gipfel geschafft und sind danach gesund und überglücklich wieder im Camp 3 angekommen.

Start zum Gipfel

Am Samstag, dem 7. August geht es los. Kurz nach halb vier in der Früh verlassen wir bei Temperaturen bis -9 °C das Camp 1 (ABC, 4.400 m). Was uns erwartet wissen wir, und so kommen wir wie geplant Mitte Vormittag im Camp 2 auf 5.400 m an. Unsere Akklimatisation passt, Höhenprobleme gibt es keine. Wir müssen jedoch feststellen, dass uns die Vorbereitung ziemlich viel Substanz gekostet haben. Aber es bleibt ja der restliche Tag zum Erholen. Essen, trinken, relaxen, das schöne Lagerleben genießen und früh in den Schlafsack. Das sind unsere Aufgaben.

Ich erkundige mich noch bei Dominik über die aktuelle Wettervorhersage für den Pik Lenin, alles ist bestens. Es bleibt bei dem Plan, den Gipfel am Montag zu versuchen. Die Aussichten sind sehr gut.

Am Sonntag starten wir gegen 8:30 Uhr den Aufstieg in unser höchstes Camp auf 6.120 m. Wie auch schon die letzten beiden Male ist der letzte 200 Höhenmeter lange und bis zu 45 Grad steile Hang eine Herausforderung. Am frühen Nachmittag kommen wir im Camp 3 an, die Zelte werden bezogen und wir haben wieder einen halben Tag zum Entspannen und Vorbereiten. Es wird eine kurze Nacht und ein sehr langer Montag werden.

Gipfeltag

Der Wecker läutete um 1:30 Uhr nachts. Die ersten 20 Minuten sind notwendig, um sich für den Aufstieg anzuziehen. Dann wird der Kocher angeworfen, Kaffee gekocht und Frühstück zubereitet. Nach der internationalen Mahlzeit aus kirgisischem Käse, süddeutschem Schinkenspeck und Cappuccino schäle ich mich aus dem Zelt und wir starten pünktlich um 3:00 Uhr Richtung Gipfel.

Dieser Aufstieg zum Gipfel beginnt mit 100 Höhenmetern Abstieg. Und die darauffolgenden 400 Höhenmeter über einen steilen Rücken haben es in sich. Es ist mit -19 °C bitterkalt und ich kann meine Zehen, die in 6000er-Schuhen stecken, kaum mehr spüren. Warum nur habe ich mich nicht für die 8000er-Stiefel entschieden? Es geht nicht nur mir so. Auf ca. 6.400 m entscheiden sich erst Thomas und eine wenig später auch Helga, den Gipfelversuch abzubrechen. Kalte Zehen, Unwohlsein und die Nachwirkungen von Verdauungsproblemen der letzten Tage lassen nicht ausreichend Energie, um den Weg fortzusetzen. Thomas wird von unserem russischen Bergführer Juri begleitet, Helga steigt kurz nach Sonnenaufgang mit dem Teilnehmer einer anderen Gruppe ab. So sind wir nur noch zu viert auf unserem Weg zum höchsten Punkt des Pik Lenin.

Die Schlüsselstelle des Gipfelanstiegs soll das „Messer“ auf ca. 6.650 m sein – ein Steilaufschwung, der mit einem Fixseil versichert ist. Diese Passage bringen wir problemlos hinter uns. Bei diesen guten Verhältnissen ist das Fixseil eigentlich gar nicht notwendig. Bald müssen wir jedoch feststellen, dass für uns die Schlüsselstelle eine ganz andere ist. Denn nach dem „Messer“ zieht sich der Weg unendlich lang dahin. Meist ist es recht flach, gelegentlich kommt ein kleiner Anstieg, die Höhenmeter werden nicht und nicht weniger. Wenn man denkt, hinter dem nächsten Anstieg endlich den Gipfel sehen zu können, zeigt sich dort nur ein weiterer Wegbogen, der sich zum Horizont zieht.

Wir sind nicht schlecht unterwegs, einige konnten wir überholen, nur einzelne waren schneller als wir. In den Pausen lassen wir uns Zeit, denn die Wettervorhersage für den restlichen Tag könnte nicht besser sein und der Blick in den Himmel bestätigt die Infos von Dominik.

Ab 6.850 m entscheide ich für mich, nur noch alle 150 Höhenmeter eine kurze Pause zu machen. Ganz kann ich mich nicht daran halten, auf 6.990 m spüre ich, wie mein Körper nach Flüssigkeit und ein paar Nüssen schreit. Ich setze mich hin, esse und trinke was, Martin, Stefanie und Cornelius schließen auf.

Frisch gestärkt geht es an die letzten 150 Höhenmeter. Auch diese ziehen sich, aber in der letzten halben Stunde des Weges ist der Gipfel zu sehen, und das motiviert enorm. Um 12:15 Uhr komme ich ganz oben an, Martin, Stefanie und Cornelius kommen ein paar Minuten später.

Traumhaft. Der Gipfel ist erreicht. Und das bei bestem Wetter. Inzwischen sind die Temperaturen angenehm und der Wind bläst nur schwach. Wir machen ein paar Gipfelfotos und nach einer halben Stunde beginnen wir den langen Rückweg. Natürlich zieht auch der sich, aber abwärts ist es doch um vieles einfacher. Wir überwinden auch den Gegenanstieg zum Camp 3 und gut 14 Stunden nach unserem Aufbruch kommen wir bei den Zelten an. Geschafft.

Zurück zum Fuß des Berges und in die Zivilisation

Das Einschlafen fällt an diesem Abend nicht schwer. Am Dienstagmorgen wird gepackt, ein Teil der Ausrüstung bringen Trägern zurück ins Tal. Wir brechen auf, machen einen kurzen Stopp im Camp 2 und steigen dann weiter ins Camp 1 (ABC) ab.

Pünktlich zum Mittagessen kommen wir dort an und speisen genüsslich, entspannt und glücklich. Es ist ein riesiger Brocken, der mir von den Schultern fällt und unbemerkt im Boden verschwindet. Die Expedition war und ist erfolgreich. Wir sind wieder gesund am Fuße des Berges angekommen, niemand war höhenkrank, es gab keine Dramen, wir waren und sind eine harmonische, fröhliche, optimistische Gruppe mit viel Humor und Motivation. Ein bisschen schmerzt der unglückliche Expeditionsabbruch vom so starken Maurice sowie der Entschluss von Udo, auf den Gipfel zu verzichten. Aber so ist es in den hohen Bergen, ohne kleine Abstriche geht es nur selten und ich bin mit dem Ergebnis der Expedition sehr sehr zufrieden und glücklich.

Die nächsten beiden Tage verlaufen unspektakulär. Wir steigen ins Basislager ab, wo wir uns durch die sauerstoffschwangere Luft zu den Duschen pflügen und uns Schweiß, Dreck, Zweifel und Skepsis aus den Haaren und vom Rücken waschen. Am Donnerstag geht es dann in einer 4,5-stündigen Fahrt nach Osh, die Suche nach einem passenden Restaurant fürs Abendessen verläuft schlussendlich doch noch erfolgreich und mit Schaschlik, Salat, gegrillten Auberginen, Bier, Cheesecake und Espresso feiern wir die erfolgreichen Wochen am Pik Lenin.

Eine eigene Welt am Berg

Bei einer Expedition schrumpfen das Leben und die Welt auf einen sehr kleinen und eingeschränkten Bereich zusammen. Alles spielt sich am Berg ab, der Fokus liegt beim Bergsteigen, Essen und Schlafen. Nur die gelegentliche Kommunikation nach außen bringt ein bisschen was von der restlichen Welt in diese abgeschiedene Sphäre. Und wie auch im alltäglichen Leben gibt es die Menschen, Gruppen, Geschichten und Erlebnisse um einen herum, nur im kleineren Maßstab.

Unsere kleine Amical-Expedition war eine dieser verschiedenen Einheiten. Ich bin überzeugt davon, dass eine erfolgreiche Zeit am Berg sowie der Gipfelerfolg sehr stark von der Stimmung und Motivation innerhalb einer Gruppe abhängt. Ganz besonders beim Höhenbergsteigen. Diese gute Stimmung hatten wir vom Anfang bis zum Schluss, auch wenn es zwischendurch mal einen Dämpfer gab.

Pläne und Taktiken wurden gemeinsam besprochen und so angepasst, dass alle damit einverstanden waren, unterwegs und beim Zusammensitzen an den Nachmittagen und Abenden gab es entspannte Gespräche, es wurde sehr viel gelacht, herumgealbert und erzählt. Wir waren eine sehr vielfältige Gruppe, in der sich alle gut mit den anderen verstanden haben. Sehr schade ist, dass zwei den Gipfel nicht versuchen konnten. Zum einen ist da Maurice, wohl unser Stärkster in der Gruppe. Nachdem er aufgrund unerklärlichen Unwohlseins (ohne irgendwelche Anzeichen für Höhenprobleme) vom Camp 2 absteigen musste und sich beim Abstieg am Knie verletzte, reiste er ab, da es keine Chance mehr für einen weiteren Aufstieg gab. Und Udo, bei dem die erste Akklimatisationsrunde nicht den gewünschten Erfolg brachte. Er entschied, die restlichen Tage im Camp 1 und im Basislager zu genießen. Wann immer wir vom Berg heruntergekommen sind, begrüßte er uns mit einem Grinsen und seiner positiven Ausstrahlung. Es war schön zu sehen, dass er die Zeit genießen konnte, auch wenn seine Expedition nicht wie geplant verlief.

Neben uns gab es andere Gruppen am Berg und in den Camps. Manchen begegneten wir immer wieder, so dass man kennenlernte. So war da die große spanischsprechende Gruppe, die meist in den Zelten nebenan wohnten und die uns am Weg immer wieder begegneten. Wir hatten einen guten Austausch miteinander und waren uns bis zum Gipfel immer wieder zusammen unterwegs. Eine andere Gruppe, die wir gelegentlich in den Camps antrafen, war die eine deutsche Expedition, in der es ständig Streit gab. Diese konnte getrost ignoriert werden. Und natürlich gab es da noch die Partie, die vom sympathischen Schweizer Bergführer Markus und seinem Co-Guide, dem 2,05 Meter großen Hünen Martin, angeführt wurde. Ihre gänzlich andere Herangehensweise an den Berg und die Vorgänge in der Gruppe gaben uns reichlich Gesprächsstoff. Mit dieser bunten Gemeinschaft haben wir uns gut verstanden und bestens zusammengearbeitet.

Neben den „Kunden“ am Berg waren selbstverständlich noch die da, ohne die es nicht geht. Die lokalen Bergführer*innen, Camp-Chefs, Köchinnen und -gehilfen, Träger*innen, Pferdetreiber und und und. Für mich als Bergführer sind sie meine wichtigsten Ansprechpersonen, ohne Vertrauen zueinander ist ein gutes Arbeiten und der Erfolg am Berg nicht möglich. Dadurch entwickeln sich auch besondere Beziehungen. Dies spürt man, gerade wenn man zusammen am Berg unterwegs ist.

Das Gefühl, in einer Weise zu einer kleinen Familie geworden zu sein, obwohl man sich vor zwei Wochen noch nicht gekannt hat, hatte ich auch an jenem Nachmittag, als wir in der warmen Sonne zu dritt vor dem Zelt in einem der Camps saßen. Juri, unser ruhiger, geduldiger und besonnener Bergführer aus Jekaterinburg in Russland, Anastasia, die bergbegeisterte und lebensfreudige Kasachin, die für Ak Sai als Camp-Managerin und Co-Guide arbeitet und zufälligerweise oft gleichzeitig mit uns in den Camps war, und ich. Wir saßen da, unterhielten uns über den Berg, die Leute und das Leben. Da Juri schon seit Tagen mit einem unschönen Husten zu kämpfen hatte, gab es für jeden von uns einen Schluck aus einer fast leeren Whiskyflasche. Bei mir stellte sich ein Gefühl von Heimat ein, obwohl ich mit mir fast fremden Menschen in einem fernen Land mit anderer Kultur und Sprache an einem unwirtlichen Berg oberhalb der 6.000 Meter Grenze saß. Und ich glaube nicht, dass der kleine Schluck Whisky keinen allzu großen Einfluss darauf hatte.

Einen anderen nachhaltigen Eindruck gibt es auch vom letzten Morgen im Basislager. Vor dem Frühstück hat sich mein Zelt geöffnet und Juri ist eingetreten. In der Hand einen kleinen Anhänger (Halskettchen), den all die bekommen, die den Pik Lenin erfolgreich bestiegen haben. Nach unserer Besteigung gab es leider keine Anhänger mehr, weshalb wir uns mit einer Urkunde begnügen mussten. Ich mache mir nichts aus Urkunden, Medaillen oder Trophäen, für mich zählt das Erlebnis und das Wissen über den Erfolg. Deshalb war ich auch nicht eine Sekunde traurig, als es hieß, dass es den schönen Anhänger leider nicht gibt. Doch nun stand Juri in meinem Zelt und sagte mir, er habe zwei und er möchte mir einen davon geben. Ich habe mich sehr gefreut, mich bedankt und den das kleine runde Ding entgegengenommen. Nun habe ich doch eine Belohnung für die Besteigung des Pik Lenin, und dieser Anhänger hat jetzt auch einen sehr großen Wert für mich. Er wird mich nicht nur an den Berg und dessen Besteigung, sondern auch an die großartigen Menschen, die eindrücklichen Erlebnisse und an viele tolle Bekanntschaften und Gespräche erinnern. Danke Juri!

Bereit für den Gipfel – Akklimatisation erfolgreich abgeschlossen

Die Akklimatisationsphase für die Besteigung des Pik Lenin (7.134 m) ist abgeschlossen. Nach einer Nacht im Camp 3 auf 6.120 m erholen wir uns jetzt drei Nächte lang im ABC auf 4.400 m, bevor wir den Gipfelversuch starten.

Camp 1 (ABC) und Yukhina Peak

Als wir vor neun Tagen im Camp 1 (resp. ABC – 4.400 m) angekommen sind, hatte ich schon einen recht konkreten Plan für die Akklimatisationstouren in den kommenden Tagen. Mit unserem russischen Guide Juri hatte ich mich schon darüber geeinigt, nicht wieder ins Basislager abzusteigen, das war für uns beide klar. Was die kommenden Tage betraf, hatte ich jedoch andere Vorstellungen als Juri. So setzten wir uns hin, machten einen gemeinsamen Plan und handelten danach. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich sagen, er war und ist perfekt!

Am Tag nach unserer Ankunft im „Advanced Base Camp“ ging es über den Gletscher bis zum Eisbruch auf ca. 4.700 m. So konnten wir auch die ersten Meter zum Camp 2 erkunden und Juri und ich begutachteten diese erste Schlüsselstelle auf dem Weg zum Gipfel des Pik Lenin.

Nach der Rückkehr wurden die Rucksäcke gepackt, denn am folgenden Tag stand der erste Akklimatisationsgipfel und die erste Hochlager-Übernachtung am Programm. Bis zu den fix installierten Zelten am nahen Yukhina Peak sollten es an die drei Stunden Gehzeit sein.

Genau so war es, am frühen Nachmittag begrüßte uns Anastasia – der Herrin über die Zelte hier – mit einem heißen Tee auf 5.100 m, nur wenige Meter unterhalb des Gipfels. Die gute Aussicht hielt nicht lange, unsere erste Hochlager-Nacht war recht stürmisch und schneereich. Das sollte sich auch in den kommenden Akklimatisationsnächten nicht ändern. Der folgende Tag begann mit dem Abstieg, einem zweiten Frühstück im ABC und ging in einen entspannten Nachmittag über.

Tag 4 oberhalb des Basislagers war mit organisatorischen Terminen gefüllt. Hochlageressen wurde verteilt, Gepäck für den Transport gewogen, bezahlt und hergerichtet, Depottaschen gefüllt und ein bisschen Zeit musste auch noch fürs Üben mit der Steigklemme übrig sein. Um 1:15 Uhr in der kommenden Nacht sollte es ernst werden, der Aufbruch zur finalen und wichtigsten Akklimatisationsrunde stand bevor.

Vier Nächte in Hochlagern bis 6.120 m & Razdelnaya Peak (6.148 m)

Um 3:30 Uhr, nach einem wie immer reichhaltigen Frühstück ging es los, erst der Gletscherzunge folgend zum Eisbruch, über diese steile und spaltige Stelle hinweg und ein Stück die Nordwand hinauf, dann querend in die „Frying Pan“, einem nordöstlich ausgerichteten riesigen und eisigen Parabolspiegel, in dem die Kraft der Sonne so richtig spürbar wird.

Am westlichen Ende der Nordwand befindet sich auf 5.400 m das Camp 2. Knapp 6 Stunden dauerte der Aufstieg, den von vielen prophezeiten Qualen in der „Frying Pan“ konnten wir aufgrund unserer recht guten Geschwindigkeit weitgehend entgehen. Nach dem Beziehen der Zelte wurde die weitere Vorgehensweise besprochen.

Der Wetterbericht versprach wechselhafte Tage und ein Gutwetterfenster um den 8. und 9. August herum. Zeit hatten wir genug, weshalb wir uns für die bestmögliche Akklimatisation entschieden: Camp 3 liegt auf 6.120 m, was einen Schlafhöhenunterschied von 720 m bedeuten würde. Diesen an einem Tag zu überwinden ist aus höhentaktischer Sicht ziemlich mutig. Unsere Variante – Auf- und Abstieg am einen, Übernachtung am darauffolgenden Tag – war feiger, aber sicher auch vernünftiger.

Wie geplant wurde es auch ausgeführt. Zuerst 180 steile Höhenmeter auf einen mäßig steil ansteigenden Rücken, diesem anderthalb Kilometer lang folgend bis zur bösen Flanke unterhalb des dritten Camps. Dieser letzte und bis zu 42 Grad steile Anstieg wurde dann noch mit Schneefall und Sturm gewürzt. Oben angekommen hatte niemand Lust auf langes Rumsitzen im Schneesturm, weshalb es gleich wieder zurück ins Camp 2 und zu unseren wärmenden Schlafsäcken ging.

Tags darauf das gleiche Spiel noch einmal, diesmal aber mit schwerem Rucksack. Wettertechnisch war es bei unserer Ankunft nicht anders als am Vortag. Mit Kochtöpfen (Notiz: besser nicht darauf verlassen, dass das Camp-Management Schaufeln im Zelt hat) schaufelten wir unsere Zelte frei und richteten uns erstmal ein. Im Laufe des Nachmittags hörte der Schneefall eine zeitlang auf und wer Lust hatte, bestieg den nahen und 6.148 m hohen Razdelnaya Peak. Wie eh schon gewohnt kamen am Abend starker Schneefall, Sturm und sogar ein Gewitter, das mit Blitz und Donner direkt über uns hinwegzog.

Gestern ging es nach dem Frühstück zurück ins Camp 1 / ABC, das ein bisschen leerer aussah, als bei unserem Aufbruch ein paar Tage zuvor. Das liegt nicht daran, dass so viele abgereist sind oder sich in Hochlagern befinden, es sind zwei fehlende Essenszelte, die den auch hier niedergegandenen Schneefällen zum Opfer gefallen sind und ein Loch in der Mitte des Lagers zurückgelassen haben.

Wir haben nun zwei Ruhetage im ABC, dann wird es ernst. Der Wetterbericht bringt für unseren geplanten Gipfeltag gutes Wetter, aber in den letzten Tagen haben wir gesehen, dass dem Wetterbericht aufgrund der labilen Lage nicht unbedingt zu trauen ist. Wir sind aber zuversichtlich und hoffen auf 4 Tage Sonnenschein, Windstille und eine perfekte Fernsicht.

Kirgisisches Lagerleben

Das Leben an den bei Bergsteigern beliebten Expeditionsbergen wie dem Pik Lenin ist ein ganz besonderes. Die verschiedenen Agenturen haben ihre eigenen Basislager mit Küchenmanschaft und Essenzelten, Verschläge in denen Cola, Bier und Vodka gekauft werden kann und vor allem ein sehr buntes und internationales Publikum.

Uns ist schon zu Beginn aufgefallen, dass es im Camp von Ak Sai, der Organisation, mit der wir unterwegs sind, eine besondere Vielfalt zu beobachten gibt. Natürlich gibt es die, die man an allen hohen Berg beobachten kann: Nepali für schwere Lasten und Tätigkeiten, bei denen es vorteilhaft ist, von Natur aus auf den Olympus Mons akklimatisiert zu sein, Skyrunner in hautengen Hosen und eingefallenen Wangen, sowie große Expeditionsgruppen mit einheitlicher Rüstung und schwarmhaftem Auftauchen und plötzlichem Verschwinden.

Bei uns gibt es aber auch historische Gestalten, oder zumindest sehr nahe Ensprechungen. Als Beispiele kann ich hier die französischen Pendants zu Hanni und Nanni anführen, die eine orientalische Maid, die manch Bergsteiger*innen-Herz höher schlagen lässt, eine sagenhafte Gestalt, die am Fuße des eisigen Genossen sitzt und mit Rauchopfern versucht, die kirgisische-tadschikischen Berggötter milde zu stimmen, und natürlich der germanische Sagenheld, der mit verzauberter Ausrüstung und undurchschaubarer Taktik  Verwirrung und Unverständnis hervorruft.

Eigentlich wollte ich hier ein paar dieser Geschichen wiedergeben, aber wirklich erfahren kann man sie nur, wenn man vor Ort ist und sich davon fesseln lässt. Und wer es darauf ankommen lässt oder vielleicht kurz nicht aufpasst, wird selbst hineingezogen und findet sich selbst in einer dieser spannenden, oft schönen und selten tragischen Erzählungen.

Auf in die hohen Berge, ins Eis, in Schneestürme und in die glühende Sonnenhitze, in eine zeitlose Welt, grandiose Landschaften und unvergessliche Erfahrungen. Ich sage euch, es ist schön hier und niemals, niemals wird es langweilig…

Start der Expedition zum Pik Lenin (7.134 m)

Endlich ist es soweit, es geht wieder in die hohen Berge außerhalb Europas…

Meine letzte große Reise war die Expedition zum Manaslu im Herbst 2019. Das vorige Jahr versprach dann, ein sehr intensives zu werden: mit Peru im Frühjahr, Kirgisistan im Sommer und West Papua im Herbst. Dachte ich.

Ich bin ja nicht der Einzige, bei dem 2020 anders verlief als geplant. Aber jetzt bekomme ich endlich die Chance, meine noch offene Rechnung mit den 7.000ern zu begleichen. Denn schon zweimal durfte ich Expeditionen zu 7.000ern leiten, aber sowohl an der Gurla Mandhata als auch am Muztagh Ata erreichten wir den höchsten Punkt aufgrund der Lawinengefahr bzw. des Wetters nicht. Obwohl ich keineswegs abergläubisch bin, ertappe ich mich doch immer wieder mit dem Gedanken, dass diese verflixte 7 ganz vorne bei der Höhenangabe etwas damit zu tun hat…

Nun drücke in erster Linie mir selbst und in zweiter Linie uns allen die Daumen (bitte entschuldigt die Egozentrik…). Diesmal wird es klappen. Die Vorzeichen stehen sehr gut, die Teilnehmer*innen sind 7 tolle und motivierte Bergsteiger*innen – wenn das kein gutes Omen ist, was dann!

Ankunft in Kirgisistan

Das Flugzeug brachte uns über Istanbul nach Bishkek, der Hauptstadt Kirgisitans. Die wenigen Stunden Flugzeug-Schlaf mussten reichen, denn Chenia nahm uns alle gleich an die Hand und zog uns durch die Bishkek’sche Altstadt und erzählte, was Kirgisistan zu dem Land gemacht hat, das es heute ist.

Die Müdigkeit war weg, der Hunger da. Dieser wurde gestillt, dann kam das Hotelbett und fünf Stunden später der Flug nach Osh. Dort ab ins Auto und sechs Stunden lang gen Süden bis zur Ankunft in Achik Tash, dem auf 3.610 m gelegenen Basislager des Pik Lenin.

Akklimatisation und los…

Heute war der erste von zwei Akklimtisationstagen. Noch ging es nicht besonderas hoch hinaus, das Spazieren zwischen Seen, Edelweiß, Kühen und Murmeltieren ist eindeutig besser als das Sitzen in Flugzeugen und Autos.

Morgen ist unser letzter Tag im Basislager. Am Vormittag geht es ein bisschen in die Höhe und der Nachmittag ist mit Packen für den Berg verplant. Denn unser übermorgiges Ziel ist das vorgeschobene Basislager (ABC) auf 4.400 m. Dort folgt die weitere Akklimatisation und der Gipfelversuch. Bei Achik Tash kommen wir erst wieder auf dem Weg nach Hause vorbei.

Hier im BC gibt es besten 4G Handyempfang, weiter oben schaut es eher mager aus. Vielleicht geht sich dennoch ein kurzes Update vom Berg aus.

Ich bin gespannt und motiviert, über gedrückte Daumen und Gutwetterwünsche freuen wir uns hier alle!

Heli Sertig

Die Gravitation macht keine Fehler

Letzten Sonntag (9. Februar 2020) bin ich bei einem Eiskletterkurs in Sertig, Davos ca. 20 m abgestürzt, wobei ich mich unglaublicherweise nur an der Hand verletzt habe.

Wenn ein alpiner Unfall passiert, entstehen immer Fragen nach dem Wie und Warum. Es wird spekuliert, geredet, verdächtigt und verurteilt. Auch ich bin immer neugierig und will wissen, was wirklich passiert ist.
Es geht jedoch nicht nur um die Neugierde, sondern auch darum, aus einem solchen Ereignis zu lernen. Deshalb möchte ich hier von meinem Absturz berichten.

Am Sonntag war ich zusammen mit meinem Bergführerkollegen Tobias mit Teilnehmern von zwei Eiskletterkursen (Grundkurs und Fortgeschrittenenkurs) in Sertig, Davos, Schweiz. Nach dem Aufstieg zu den Eisfällen ging es darum, mehrere Toprope-Stände einzurichten. Wir wählten den breiten und nicht allzu steilen Eisfall rechts der Säule (von unten gesehen). Tobias hängte ein Seil in der linken Hälfte des Falls ein, ich wollte auf der rechten Seite hoch. Ich ließ mich von einem Teilnehmer sichern, den ich von einem anderen Kurs kannte und von dem ich wusste, dass er regelmäßig in der Senkrechten unterwegs und äußerst erfahren ist.

Ich verwendete ein 50 m Einfachseil, band mich mit doppeltem Bulinknoten ein und fragte währenddessen die 4 Teilnehmer meines Fortgeschrittenenkurses über die einzelnen Punkte des Partnerchecks aus. Klettergurte, Anseilknoten, Sicherungsgerät, Schrauber, Knoten im Seilende und – vor allem beim Eisklettern – genügend Eisschrauben und Standplatzmaterial am Gurt. Ich kontrollierte kurz Gurt, Sicherungsgerät und Schrauber des Sichernden und legte los. Um schneller voran zu kommen ging ich die ersten Meter über ein Schneefeld rechts des Eisfalles hinauf, dann weiter im Eis, das immer steiler wurde. Das Eis war perfekt und das Klettern machte richtig Spaß.
Oberhalb der dritten von mir gesetzten Eisschraube erreichte ich eine schon vorhandene Sanduhrschlinge, die ich als Sicherungspunkt für den ersten Toprope-Stand verwenden wollte. Einen halben Meter oberhalb dieser Schlinge bohrte ich eine weitere Eissanduhr, fädelte ein Stück Halbseil hindurch und verlängerte es mit einer Bandschlinge zur unteren Schlinge. Mein Kletterseil hängte ich in zwei Drei-Wege-Sicherheitskarabiner ein und ließ mich abseilen.

Darauf, wie viele Meter ich hinaufgeklettert war, hatte ich nicht geachtet. Es waren ja nur drei Eisschrauben, und allzu weit sah es von oben nicht aus. Dass das Seil zu kurz sein könnte, ging mir zu keinem Zeitpunkt durch den Kopf.
Beim (passiven) Abseilen hielt ich mich links der Falllinie, um einen weiteren Toprope-Stand für ein kürzeres Seil (das ich an meinem Gurt befestigt hatte) einzurichten. Die beiden Eisgeräte hielt ich in der Hand. Ich hatte einen guten Platz gefunden und bat den Sichernden, mich noch ein bisschen abzulassen.

Auf einmal hielt mich das Seil nicht mehr. Ich fiel nach unten. Nach zwei Metern Fall ging mir durch den Kopf, dass da wohl irgendwo zu viel Schlappseil gewesen sein muss, nach zwei weiteren Metern dachte ich, dass dies nicht der Grund sein kann, denn dann würde ich jetzt wieder im Seil hängen. Es ging weiter nach unten und ich musste einsehen, dass ich über den Eisfall abstürzte. Ungebremst. In mir entstand eine unendliche Wut. Darauf, dass ich abstürzte. Nach einem Wutschrei schlug ich am Eis knapp oberhalb des Einstiegs auf. Danach ging es weiter durch den steilen Schnee und ich kam zum Stehen. Außer möglichst steif zu bleiben, konnte ich während dem Sturz nichts machen.

Nachdem ich zum Stillstand gekommen war, hörte ich Tobi meinen Namen rufen. Ich antwortete mit einem immer noch zornigen „Ja!“. Ich war nicht wütend auf mich oder den Sichernden, sondern auf die Tatsache, dass ich abstürzen musste. In diesem Moment sah ich meinen Sturz als eine der sinnlosesten Dinge der Welt, dennoch war es gerade eben passiert.

Ich wusste, dass ich ganz schön weit heruntergefallen war und wagte es nicht, mich unnötig zu bewegen. Dass ich mich in einem Schockzustand befand und daher (noch) keine Schmerzen fühlte, war mir klar. Ich sah an mir hinunter und fühlte in mich hinein, um zu prüfen, ob etwas kaputt war. Arme und Beine spürte ich und ich konnte sie auch bewegen. Im Nacken fühlte ich einen leichten Schmerz, weshalb ich es nicht wagte, mich umzudrehen. Mein linker Ellbogen tat weh, doch ich konnte ihn ohne stärker werdende Schmerzen bewegen, was mich beruhigte. Ich fühlte meinen linken Daumen den Handschuh komplett ausfüllen und mir wurde klar, dass da etwas nicht in Ordnung ist. Aber der Daumen war in diesem Moment nicht so wichtig.

Teilnehmer unseres Kurses, andere Eiskletterer und Tobi kamen zu mir und versorgten mich bestens. Rettungsdecke, Biwaksack, Daunenjacke und Fäustlinge. Mein nicht sehr schön aussehender Daumen wurde verbunden und ich auf weitere Verletzungen am Rumpf untersucht. Ich erlebte an mir selbst eine perfekte Umsetzung des Erste Hilfe Handbuches.

Es war klar, dass aufgrund der Sturzhöhe ein eigenständiger Abstieg zu riskant war. Wir wussten nicht sicher, ob die Wirbelsäule verletzt wurde oder ob es zu inneren Verletzungen gekommen ist. So wurde die Rega alarmiert und Flugretter und Notarzt bei mir abgesetzt. Die Punkte aus dem Erste Hilfe Handbuch wiederholten sich, das Ergebnis war dasselbe. Der Notarzt entschied, mich mit dem Bergedreieck ausfliegen zu lassen. Ich bedankte mich bei allen, die sich so vorbildlich um mich gekümmert hatten und wir flogen davon.

Nach der Zwischenlandung stieg ich eigenständig in den Hubschrauber ein und ging dann auch zu Fuß vom Helipad in den Behandlungsraum im Spital Davos. Dass dies möglich war, beruhigte mich weiter und ließ mich eher gespannt als beängstigt auf die Ergebnisse der kommenden Untersuchungen blicken. Daumen und Ellbogen wurden geröntgt, am Ellbogen wurde nichts Auffälliges gefunden. Beim Daumen sah es nicht so gut aus, weshalb noch ein CT gemacht wurde. Nachdem die Bilder fertig waren, empfahl mir Frau Dr. Tatjana Kaulitz, einen Handchirurgen aufzusuchen. Ich wurde entlassen und Tobias chauffierte mich zurück in die Heimat. Während der Fahrt informierte ich mich, wo ich am besten einen leistbaren Handchirurgen finden könnte.

Das Ergebnis meiner Recherche legte die Uniklinik in Innsbruck nahe. Ich rief an, mir wurde versichert, dass ich im Laufe der Woche operiert werden könne und ich fragte meine Mutter, ob sie Lust hätte, mich in die Tiroler Hauptstadt zu bringen.

Kurz vor 22:00 Uhr kamen wir dort an, ich meldete mich an, ging in die Ambulanz und hatte ein weiteres Mal Glück. Diensthabender Oberarzt war in dieser Nacht gerade Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Rohit Arora, Leiter der Handchirurgie. Er erklärte mir zwar, dass ich den Daumen ziemlich gründlich zerstört hätte, und dass das Daumenendgelenk wohl nie mehr so funktionieren würde wie vorher, aber er sagte mir auch, dass er den Finger gleich operieren könne. Kurz vor Mitternacht wurde er dann betäubt, ich landete im OP und es ging los. Eine halbe Stunde später hatte ich zwei Drähte und einen Fixateur externe im Daumen und der Unterarm war im Gips.

Die folgenden Tage waren wenig ereignisreich, am Donnerstag packte ich meine Sachen und fuhr mit dem Zug wieder nach Hause. Jetzt heißt es erstmal entspannen und den Knochen heilen lassen. In einem Monat kommt das Metall wieder raus und dann wird es hoffentlich nicht mehr allzu lange dauern, bis ich auch mit meiner linken Hand wieder Skistöcke, Eisgeräte, Klettergriffe und die Kamera halten und bedienen kann…

 

Was ist passiert?

Nachdem mein Sturz im Schnee endete und ich feststellen durfte, dass soweit alles in Ordnung war, wollte ich unbedingt wissen, was denn nun zu meinem Absturz geführt hatte. Viel ging mir durch den Kopf, aber nichts ergab Sinn. Seilriss? – Unmöglich. Anderes Materialversagen? – Auch nicht wahrscheinlich, denn es war alles doppelt abgesichert, so, wie es sein sollte. Ausbruch einer Eissanduhr? – Auch unmöglich. Der logische und einfachste Grund wollte mir nicht einfallen: Zu weit hinaufgeklettert und kein Knoten im Seilende. Eine Absturzursache, die leider viel zu oft vorkommt und die so leicht verhindert werden kann.

Beim Hinaufklettern hatte ich so viel Spaß an der Sache, dass ich nicht viel über die Länge des Seils nachdachte. Ich blickte gelegentlich nach unten, und wenn ich sah, dass die letzte Eisschraube schon ziemlich weit unter mir war, setzte ich eine neue. Als mein Ziel sah ich eine Eissanduhr-Schlinge, die solid aussah und mir das Bohren eines zweiten Sicherungspunktes ersparte. Als ich dort ankam, hatte ich drei Schrauben als Zwischensicherung gesetzt und ich verschwendete keinen Gedanken an die gekletterte Länge. Im Klettergarten ist man nach drei Expressschlingen maximal 10-12 m über dem Boden. Tatsächlich bin ich aber ca. 35 m hinaufgeklettert. So blieben mir nur noch 15 m Seil zum Abseilen. Das geht sich nicht aus, egal wie man es dreht. Das war der erste Fehler.

Der zweite Fehler war der nicht gemachte Knoten am Seilende.
Ich würde mich selbst schon eher als recht vorsichtigen und wenig leichtsinnigen Bergführer und Kletterer bezeichnen. Durch meine Arbeit als Bergführer bin ich sicher noch gewissenhafter geworden. Und gerade dieser eine Knoten wird von mir meist auch dann gemacht, wenn er eigentlich nicht notwendig wäre. Es ist keine Woche her, als ich mich dabei ertappte, wie ich einen Knoten in das Seilende eines 80 m Stricks machte, um dann in eine Route einzusteigen, die keine 20 m lang war. Aber – sicher ist sicher, der Knoten schadet nie.
So habe ich die Wichtigkeit des Knotens auch während dem Einbinden am Fuße des Eisfalls erwähnt, nur eben nicht gemacht. Als Bergführer ist es allein meine Verantwortung, diesen Knoten zu machen und zu kontrollieren, vor allem wenn ich Teil der Seilschaft bin.

Ich habe mich auch immer wieder gefragt, warum mir dieser Fehler passieren konnte. Denn meiner Meinung nach ist er nicht typisch für mich. Wahrscheinlich hat auch etwas anderes in meinem Kopf mitgespielt. Ich war noch ein wenig von einer Erkältung geschwächt, der ich nie die Zeit gegeben habe, komplett auszuheilen. Es ist Hochsaison und als Bergführer kann und will man sich von einer kleineren Krankheit nicht vom Arbeiten abhalten lassen. Denn kurzfristiger Ersatz kann in der Hochsaison nur selten gefunden werden, die Kunden will man nicht hängen lassen und das Geld, das in der Hochsaison nicht erarbeitet wird, lässt sich in der Nebensaison nicht einfach so nach-verdienen.

Als Bergführer muss man zu jedem Zeitpunkt 100 Prozent fit und konzentriert sein, denn viele Entscheidungen betreffen die Gesundheit und manchmal das Leben des Kunden und der eigenen Person. Leider lässt sich das nicht immer umsetzen – und Fehler passieren.

Es sind drei Dinge, über die ich unglaublich froh bin:

  • Es hat mich erwischt. Ich alleine muss mit den (körperlichen) Folgen meiner Fehler klarkommen. Viel schlimmer wäre, wenn eine/r meiner Kund*innen abgestürzt wäre.
  • Ich hatte eine freie Sturzbahn und bin mit niemandem am Fuße des Eisfalls zusammengestoßen. Von einem abstürzenden Stefan, der mit Steigeisen, Eisgeräten und Eisschrauben bewaffnet ist, sollte keine*r getroffen werden.
  • Die Sache ist sehr glimpflich ausgegangen. Nach einem solchen Sturz mit Aufprall am Eis muss man eigentlich mit schwereren Verletzungen rechnen. Auch der lange und steile Auslauf in recht weichem Schnee hat Schlimmeres verhindert.

 

Viele der hier gemachen Angaben zu meinem Absturz sind subjektiv. Die Sachen, die mir während und nach dem Absturz durch den Kopf gegangen sind, habe ich so geschildert, wie ich sie in Erinnerung habe. Es kann sein, dass das eine oder andere Detail von Außenstehenden anders wahrgenommen wurde.

Die Längen, die ich hier abgegeben habe, sind nicht mit dem Maßband abgemessen. Ich habe mit Tobias mehrfach darüber geredet und wir haben versucht, diese Längen so genau wie möglich herauszufinden. Tobias ist nach meinem Abtransport noch einmal hinaufgeklettert um die Eisschrauben und Standplätze abzubauen. Dabei konnte er die Höhen noch einmal genauer einschätzen. Weiters war neben dem Punkt, an dem ich einen zweiten Toprope-Stand einrichten wollte, ein knapp 50 m langes Seil von Tobias eingehängt, was die Schätzung der Sturzhöhe vereinfachte.

Die Angaben dürften daher recht gut passen, auf den Meter genau sind sie aber sicher nicht.

Positiv an diesem Unfall ist, dass ich sehr anschaulich demonstrieren konnte, wie wichtig der Knoten am Ende eines Kletterseils ist. Ich bin mir sicher, dass alle beteiligten – ich inklusive – in Zukunft noch mehr darauf achten werden, dass eben dieser Knoten auch gemacht wird.

Ich möchte mich herzlichst bei unseren Kunden, bei Tobi und bei allen Beteiligten am Eisfall für ihre Hilfe und ihr Verständnis danken. Weiters vielen Dank den Teams der Rega, des Spitals Davos, der Unfallambulanz der Uniklinik Innsbruck, dem Handteam in Innsbruck, das mich wieder zusammengeflickt hat, meiner Mama für die Taxidienste und meinen Freund*innen für die vielen Besserungswünsche!

Bis bald in den Bergen, am Fels und in der Boulderhalle!

Gipfelerfolg am Manaslu (8.163 m)

Am Vormittag des 26. September 2019 erreichten wir nach einem fünftägigen Aufstieg den Gipfel des 8.163 m hohen Manaslu.

Aufbruch zum Gipfel

Wie geplant starteten wir am 22. September nach dem Mittagessen Richtung Lager 1. Das gute Wetter sollte sich erst in ein paar Tagen einstellen, weshalb wir uns über die 15 cm Neuschnee und die vielen Wolken nicht wunderten. Der Weg zu unseren Zelten auf 5.600 m kannten wir inzwischen schon bestens, nach 3 Stunden waren wir am Ziel der ersten Etappe.

Wie gewohnt schneite es in der Nacht, doch am nächsten Morgen zeigte sich das Wetter von seiner besten Seite. Zum ersten Mal seit unserer Ankunft am Manaslu vor zwei Wochen sahen wir die beeindruckenden Berge des Mansiri Himal.

Aufstieg ins Lager 4

Wider Erwarten ist auch in einer Höhe von 6.000 m gerade die Hitze das, was einen im Aufstieg am meisten Energie kostet. So war es auch bei unserer Etappe zum Lager 2. Wir waren fast durchwegs im Nebel unterwegs und die durchscheinende Sonne strahlte in einer mörderischen Intensität.

Der nächste Tag sollte erholsamer werden, die knapp 400 Höhenmeter zum Lager 3 brachen wir in drei Stunden hinter uns, genügend Zeit für ein bisschen Entspannung, gutes Hochlager-Essen und viel Flüssigkeit.

Ab jetzt wurde es ernst, denn Lager 3 war für uns der bislang höchste Punkt am Manaslu. Die beiden folgenden Tage versprachen anstrengend zu werden, doch wir waren für den weiteren Aufstieg bestens motiviert.

Früh am Morgen brachen wir von unserem Lager auf 6.720 m auf. Nach Erreichen eines Sattels wurde der Weg immer steiler, führte über eine kurze senkrechte Stelle zu einer Querung, die an einem weiteren Sattel endete, in dem unser Lager 4 (7.445 m) stand.

Nachdem wir unsere Zelte ein bisschen verbessert hatten (man will ja auch auf dieser Höhe gut gebettet sein) ging es ans Wasserschmelzen und Kochen. Ich dachte es wäre eine gute Idee, auf fast 7.500 m einen Lachs mit Nudeln zu Abend zu essen. Zur Absurdität des Höhenbergsteigen passt doch ein für hier absurdes Essen.
Ich kann leider nicht sagen, dass es besonders gemundet hat. Ob es nun an meinem Appetit, dem Lachs oder dem Koch der Fertigmahlzeit lag, weiß ich nicht.

Danach war Zeit fürs Bett – oder besser gesagt – den Schlafsack. Viel Schlaf war uns nicht gegönnt, denn der Wecker war auf 23:00 Uhr gestellt.

Zum Gipfel des Manaslu

Nach einem guten Frühstück bestehend aus Schüttelbrot, Frischkäse und Kaffee war es Zeit, sich in Daune einzupacken, in die Expeditionsschuhe zu schlüpfen, die Steigeisen anzuschnallen und den Rucksack zu schultern. Um 1:15 Uhr ging es los.

Wir waren bei weitem nicht die einzigen, die heute den Gipfel als Ziel hatten. Im Gegensatz zum größten Teil der anderen Bergsteiger waren wir jedoch ohne Unterstützung von Flaschensauerstoff unterwegs.

Der Weg führte uns erst über den angenehm geneigten Gletscher zu zwei Steilaufschwüngen. Mit milden -18 °C und kaum Wind hatten wir perfekte Bedingungen für den Aufstieg. Ohne zusätzlichen Sauerstoff spürten wir jeden Meter, den wir höher stiegen, was uns zunehmend einbremste. Das löste ein Problem, das mich schon seit Tagen beschäftigte. Mingma Sherpa, mit dem ich 2011 am Mount Everest unterwegs war, erzählte mir, dass er im Vorjahr mit seinen Kunden zweieinhalb Stunden knapp unterhalb des Gipfels warten musste, bis sie die letzten Meter angehen konnten.

Wir legten einige Pausen ein und irgendwann, noch ein gutes Stück vom Gipfel entfernt, kamen uns die Ersten entgegen, mit dem Gipfelerfolg im Gepäck und einer Sauerstoffmaske vor dem Gesicht. Nach 8,5 Stunden Aufstieg waren wir beim Rucksackdepot, nur wenige Meter unterhalb des Gipfels. Wir machten eine Pause und warteten auf die Langsameren in unserer Gruppe.

Um 10:50 Uhr standen wir, 4 Teilnehmer, die Hochträger Jangbu und Karma Sherpa und ich, am Gipfel auf 8.163 m. Glücklich machten wir Gipfelfotos und gratulierten uns gegenseitig zum Erfolg. Der Ausblick war eher bescheiden, leider versperrte uns Nebel die Sicht auf die Welt unter uns.

Nach einer kurzen Pause beim Rucksackdepot ging es wieder hinunter. Die zwei Stunden bis zum Lager 4 zogen sich. Die Sonne brennte unerbittlich auf den Gletscher und wurde vom Nebel reflektiert, was uns recht bald die Daunenjacken ausziehen ließ.

Wieder im Lager 4 angekommen galt es, Tee zu kochen, ein wenig zu essen und fehlenden Schlaf nachzuholen. Wir mussten wieder fit für den weiteren Abstieg am folgenden Tag werden.

Abstieg ins Basislager

Die Nacht auf 7.445 m war unerwartet erholsam und nach dem Frühstück ging es mit schweren Rucksäcken bergab. Bei jedem Lager, an dem wir vorbei kamen, wurden die Rucksäcke schwerer, da weitere Ausrüstung und Müll eingeladen werden musste. Der zusätzliche Sauerstoff in den Lungen konnte die zunehmende Last auf unseren Rücken leider nur fast ausgleichen. Nach 9 Stunden erreichten wir erschöpft und überglücklich das Basislager.

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Glücklich wieder zurück im Basislager nach einer anstrengenden, aber großartigen Zeit am Berg

Ein Teilnehmer unserer Gruppe fühlte sich am Gipfeltag nicht fit genug für den weiteren Aufstieg und blieb im Lager 4. Dort konnte er sich so gut erholen, dass ihm und dem Hochträger Mingma Tenji Sherpa am darauffolgenden Tag der Aufstieg zum Gipfel gelang. Wie wir stieg er nach einer weiteren Nacht im Lager 4 ins Basislager ab.

Ein weiterer Teilnehmer brach die Expedition bereits während der Akklimatisationsphase ab und reiste früher nach Hause.

Zurück in die Heimat

Nach einem entspannten Ruhetag im Basislager brachen wir unsere Zelte ab und stiegen nach Samagaon ab. Für den Teilnehmer, der den Gipfel einen Tag nach uns erreicht hat, gab es keinen Ruhetag. Er ging in einem Zug durch, vom Gipfel bis zum Ende des Trekkings in Soti. Starke Leistung!
Zwei Teilnehmer zogen eine Rückreise per Helikopter dem Trekking vor und verließen uns in Samagaon.

Eigentlich hätten wir uns noch viel Zeit für den Rückweg lassen können. Da am Manaslu alles so reibungslos funktioniert hat und sämtliche Wettergötter auf unserer Seite waren, konnten wir den Berg eine Woche vor dem geplanten Termin verlassen. Doch weil es uns wieder in Heimat zog brachten wir die 104 Trekkingkilometer von Samagaon nach Soti in vier Tagen hinter uns. Es folgten 8 Stunden Autofahrt nach Kathmandu, ein Debriefing beim Tourismusministerium und der vorverlegte Flug in die Heimat.

Eine grandiose Zeit, ein unvergessliches Erlebnis und knapp 6 Wochen mit unzähligen großartigen Eindrücken gingen zu Ende. Schön war’s!

Kommerz am Manaslu

Wir nutzten für unseren Aufstieg zum Gipfel das erste in dieser Herbstsaison mögliche Wetterfenster. Dementsprechend viele Menschen waren am Berg unterwegs. Heuer sollen 300 Kunden und Kundinnen den Manaslu versucht haben. Hinzu kommen Hochträger*innen, Köch*innen sowie Küchen- und Hilfspersonal. Die größte Agentur am Berg war mit 67 Kund*innen und 82 Hochträger*innen vertreten.

Am „Crampon Point“, dem Steigeisendepot, ab dem es am Gletscher weitergeht, beginnt ein Fixseil, das bis zum Lager 4 hinauf reicht. Nur auf wenigen Abschnitten gibt es kein Seil, in das man sich einhängen kann und das eine gewisse Sicherheit zumindest vortäuschen kann. Zwischen Lager 2 und 3 führen drei Aluleitern über tiefe Gletscherspalten. Beim Weg zum Gipfel sind alle steileren Passagen mit Seilen versichert, der Rest ist mäßig steiles und spaltenfreies Gelände. Ein Verirren ist auch ohne Fixseil kaum möglich, denn die Spur hat sich meist einen halben Meter tief in den Gletscher gefressen.

Das alles klingt wohl sehr nach Kommerz und Verkauf des Berges. Bilder von anderen hohen Bergen im Himalaya mit hunderte Meter langen Menschenschlagen kommen einem bei dieser Vorstellung unweigerlich in den Sinn. Und es gibt sie auch hier. An geschäftigen Tagen sieht man vor den Steilstufen, wie sich zahlreiche an Fixseilen aufgefädelte Bergsteiger*innen nur äußerst langsam vorwärts bewegen.

Das Fixseil hat der Normalroute eines so beliebten Berges eine Berechtigung, obwohl der selbstständige Alpinist wohl lieber „pur“ unterwegs sein würde. Der Auf- und Abstieg ohne diesem wäre deutlich anspruchsvoller und gefährlicher. Ein rasches Vorankommen und ein schneller Rückzug sind ohne Fixseil und ausgetretener Spur schwieriger, in gefährlichen Abschnitten müsste man sich meist deutlich länger aufhalten. Sowohl für Bergsteiger*innen als auch für die Hochträger*innen wäre es nur möglich, in Gletscherseilschaft unterwegs zu sein, was vor allem den Materialtransport erschweren würde.

Trotz der oben aufgezählten Nachteile des Höhenbergsteigens an beliebten Himalaya-Gipfeln ist und bleibt es ein großartiges Erlebnis, das ja nicht nur aus dem Gehen am Fixseil besteht. Es beginnt mit dem Anmarschtrekking in einer Zeit, in der die Pfade und Lodges nur von wenigern Trekker*innen bevölkert wird.
Das Leben im Basislager mit einem Komfort, der sich von dem gewohnten in den eigenen vier Wänden erheblich unterscheidet, hat einen besonderen Reiz. Dort zaubern Köch*innen mit ihren beschränkten Möglichkeiten jeden Tag aufs Neue bestes Essen auf die Tische. Hilfsbereite und außerordentlich starke Hochträger*innen sind am Berg mit Rucksäcken unterwegs, mit denen die meisten Expeditionsteilnehmer*innen wohl kaum den Gipfel eines 3.000ers erreichen würden.

Und nicht zuletzt sind da die vielen Bergsteiger*innen, die alle ein gemeinsames Ziel haben. Den höchsten Punkt eines imposanten Berges. Alle sind hoch motiviert und niemand weiß genau, was in den kommenden Wochen am Berg auf einen zukommen wird. Es ist eine Herausforderung für jede und jeden, egal ob schon 12 Achttausender im Gepäck sind oder hier am Gletscher neben dem Basislager das erste Mal mit Steigeisen gegangen wird. Egal, ob mit oder ohne Flaschensauerstoff. Egal, ob vor dem Lager 1 schon aufgegeben oder der Gipfel in Rekordzeit erreicht wird. Es ist ein Erlebnis und Abenteuer. Und das in einer unheimlich eindrücklichen und imposanten Natur, die man nicht nur spüren und hören kann, wenn nach Schneefall im Minutentakt Lawinen die nahe Südostwand des Naike Peaks hinunterdonnern.

Ich habe am Berg zwischen Teilnehmer*innen, Hochträger*innen und Bergführer*innen immer ein „Miteinander“ erlebt und gesehen, und kein „Gegeneinander“. Egal ob aus Mitteleuropa, Nepal, Südamerika, China, Russland, Iran oder den USA, es wird gegrüßt, geredet, Erfahrungen ausgetauscht und, wenn erforderlich, Hilfe angeboten. Ein solcher Gipfel kann nur mit der Unterstützung Anderer erreicht werden, nie im Alleingang.
Kleine Konflikte gibt es natürlich auch am Berg. Es wäre sehr verwunderlich, wenn die Unstimmigkeiten gerade an einem Ort ausblieben, an dem Höhenkopfschmerz, Wind, Kälte, Harndrang und Nervosität durchgeschlafene Nächte selten machen.

Bei meiner Bergführertätigkeit an den populäreren Gipfeln der West- und Ostalpen herrschen oft bedenklichere Zustände. Überfüllte Hütten, überteuertes und nicht unbedingt wohlschmeckendes Essen, stundenlanges Anstehen vor Seilbahnen und Bergsteigerschlangen auf einfachsten Normalwegen sind keine Seltenheit. Viel zu oft treffe ich Menschen auf anspruchsvollen Gletschertouren, die bislang höchstens beim Mixen von Gin Tonics Erfahrungen mit Eis gesammelt haben.

Die Verwendung von Flaschensauerstoff, das Gehen am Fixseil und die Inanspruchnahme der Hilfe von Hochträger*innen nehmen einer solchen Unternehmung zweifellos viel von ihrer Ernsthaftigkeit und schmälert auch den Erlebniswert des Höhenbergsteigens. Doch auch in den Alpen würde nur ein Bruchteil der Bergsteiger*innen die höchsten Gipfel erreichen, wenn sie nicht Seilbahnen, bewirtete Hütten, hochgeflogenes Essen, markierte Wege, Stahlseile und Leitern benützen würden. Wie sähen wohl Ortschaften wie Zermatt, Chamonix, Sölden oder Lech ohne Lifte und ohne Touristen aus?

Es ist leicht daheim zu sitzen und über Menschen und Zustände zu urteilen, von denen man denkt sie zu kennen, nur weil man sich den Bericht oder das Bild einer Momentaufnahme verkaufen hat lassen. Das Beste ist, selbst raus- und raufzugehen. Die Bergwelt ist grandios und die Natur überwältigend.

Erfolg und Misserfolg

Während den Aufstiegen zu den Lagern und zum Gipfel sind mir viele Gedanken durch den Kopf gegangen. Natürlich auch Überlegung, wie ich mich nach dieser Expedition ohne erreichten Gipfel fühlen würde. Ja, das Umdrehen ist ein Teil des Bergsteigens, aber das Erreichen des höchsten Punktes auch. An den zwei von mir geführten 7.000er-Expeditionen mussten wir umdrehen, einmal aufgrund der hohen Lawinengefahr, das andere Mal wollten Wetter und Verhältnisse ganz und gar nicht mitspielen. Die Gründe können meist nicht beeinflusst werden, dennoch hat eine Abreise ohne den Gipfel erreicht zu haben schon einen leicht unschönen Beigeschmack.

Gerade für mich als Bergführer hat das Erreichen des höchsten Punktes eine große Bedeutung. Ich will für alle Teilnehmer*innen die besten Bedingungen schaffen, dass sie an ihrem Ziel – dem Gipfel – ankommen. Sicherheit und Gesundheit sind ohne Frage das oberste Gebot, aber gleich danach kommt der Gipfel.

Ein so hoher Berg ist für jeden Bergsteiger und jede Bergsteigerin eine große physische und psychische Herausforderung, Bergführer zu sein hilft diesbezüglich wenig. Es reicht eine kleine Erkältung, ein bisschen Durchfall, eine kleine Verletzung, ein kurzes Motivationstief, und schon sind die Chancen dahin. Auch wenn man bestens darauf vorbereitet ist und auf viel Erfahrung in hohen Bergen zurückgreifen kann. Es ist eben schon ein bisschen mehr, als am Wochenende schnell mit zwei Kunden am Seil auf den Mont Blanc zu steigen.

Als Bergführer fühle ich bei Expeditionen noch einen zusätzlichen Druck, denn der Erfolg der Teilnehmer hängt zu einem bestimmten Teil auch von meinem ab. Doch ich war ziemlich sicher, dass unsere Chancen gut stehen. Mein Jahr fing mit ja einem windstillen Gipfeltag am Aconcagua an, ging mit einem Erfolg am Elbrus weiter und brachte mich neben vielen Alpengipfeln auch auf einer neuen Route zum höchsten Punkt eines peruanischen 6.000ers…

Meine Freude über das Erreichen des Gipfels am Manaslu war wahrscheinlich größer als die der Teilnehmer. Denn ich durfte auch einen Teil dazu beitragen, dass sich andere Menschen einen großen Traum erfüllen konnten.

Kurz vor Mitternacht nach unserer Ankunft in Kathmandu setzte ich mich in die Hotelbar des Yak & Yeti, bestellte ein überteuertes Bier, stieß mit mir selbst an und freute mich ganz privat und leise über diese großartige Reise.

Auf dass viele Weitere folgen, am liebsten mit genauso starken und motivierten Kunden und Kundinnen, wie am Manaslu!

Erster Gipfelversuch 8.163 m

Die Akklimatisationsphase ist abgeschlossen und zwei Ruhetage haben uns ein bisschen Energie zurückgebracht. Morgen Sonntag starten wir zum Gipfel, den wir am Donnerstag erreichen wollen – wenn alles so klappt, wie geplant.

Vor einer knappen Woche sind wir zu unserer letzten Akklimatisationsrunde aufgebrochen. Die Wettervorhersage war zwar nicht perfekt, doch davon ließen wir uns nicht abhalten.

So ging es hinauf ins Lager 1 (5.600 m), am nächsten Tag für die erste Nacht ins Lager 2 auf 6.350 m. Auf dieser Route geht es schon richtig zur Sache. Dem oft nicht sehr vertrauenswürdigen Fixseil entlang führt der Weg teilweise auf Leitern über tiefe Gletscherspalten und hinauf über stellenweise senkrechte Gletscherabbrüche. Hier erfährt man, warum der Manaslu ist nicht als der einfachste, und auch nicht als der objektiv sicherste Achttauender bekannt ist.

Auf der Höhe des zweiten Hochlagers fühlten wir uns noch recht wohl, und trotz angekündigtem Schneefall verlebten wir die erste niederschlagsfreie Nacht am Berg. Dafür war sie mit -14 °C im Vorzelt recht kalt.

Am Mittwoch stiegen wir weiter auf. Das Wetter verschlechterte sich und bei stetigem Schneefall ging es über zwei weitere Steilstufen zum Lager 3 auf 6.720 m. Es waren zwar nur knapp 400 Höhenmeter, aber weil wir für diese Höhe noch nicht akklimatisiert waren und die Rucksäcke ein ordentliches Gewicht hatten, war es doch recht anstrengend. Nachdem wir unseren Hohträgern Mingma Tenji und Karma beim Aufbau der Zelte und – ganz wichtig – des Lokus geholfen hatten, entspannten wir in unseren Schlafsäcken und versuchten, die im Aufstieg verlorene Flüssigkeit wieder nachzufüllen.

Die kommende Nacht war mild und brachte neben 30 cm Neuschnee auch Kopfschmerzen mit sich. Kaffee, Schüttelbrot und Frischkäse machten uns aber wieder fit für den Abstieg ins Basislager. Den Alternativplan – noch ein paar Höhenmeter aufzusteigen und dann noch eine Nacht in Lager 3 zu verbringen – verwarfen wir, da noch keine Fixseile weiter hinauf führten und weil ein logistischer Fauxpas unser kulinarische Vielfalt am Berg vorerst sehr stark einschränkte. Anders ausgedrückt, wir hatten fast nichts mehr zum Essen.

Im Basislager wurden wir mit einem feinen Mittagessen empfangen, der Nachmittag brachte eine Dusche, Entspannung, Bier, Speck, Käse, Oliven, Knäckebrot und Rotwein mit sich, und in der Nacht wurde der fehlende Schlaf nachgeholt.

Die folgenden Ruhetage gestern und heute waren wichtig, denn wenn auch noch mehr als 1.400 Höhenmeter bis zum Gipfel fehlten, waren es doch recht anstrengende Tage mit schweren Rucksäcken.

Der Wetterbericht für die kommenden 8 Tage ist wie für uns gemacht. Wir starten morgen Sonntag ins Lager 1. Die ersten Tage sollten noch ein wenig bedeckt sein, was bei der sonst sehr starken Sonneneinstrahlung äußerst angenehm ist. Danach stellt sich eine stabile Gutwetterphase ein, mit mäßig starkem Wind und nicht allzu kalten -22 °C im Gipfelbereich.

Die Rucksäcke werden morgen Vormittag gepackt und nach dem Mittagesen starten wir den ersten 6 Tage langen Versuch, den 8.163 m hohen Gipfel des Manaslu zu erreichen.

Das Expeditionsleben

Das Leben am Achttausender unterscheidet sich gar nicht so stark vom Alltag daheim. Routine, Drama, Erfolg und Misserfolg – alles ist da, nur ein wenig anders.

Das Bergsteigerische: Wir haben uns eingelebt und das erste Drittel unseres Gipfelplans umgesetzt. Zwei Nächte im Lager 1 liegen hinter uns, der erste Akklimatisations- und Transportgang zum Lager 2 ist auch erledigt. Morgen folgt der zweite Streich, in drei Etappen schlafen wir uns zum Lager 3 hoch.

Natürlich sind wir superstark, motiviert und wir wissen auch, dass die schlechte Wetterprognose falsch ist. So ware die Vorhersagen bislang auch nur in Ansätzen richtig.

Der Alltag und die Dramen: Wie daheim wird auch hier getratscht und spekuliert. Wir machen uns ein wenig über die einen Nachbarn lustig und erfahren von der anderen Gruppe nebenan die neuesten Geschichten aus dem Manaslu-Universum. Da soll doch einer umgehen, der im Lager 2 Essen und Gas klaut, und danach sogar die Zelttüren weit offen stehen lässt. Es wird gemunkelt, es seie der Italiener. Warum es nicht der Rumäne, der Pole oder der Montafoner war, ist nicht klar. Gesehen hat ihn niemand, und eigentlich sind diese alle vorurteilsgeschichtlich doch gleich vorbelastet.

Und dann war da noch die Wunderheilung. Ein Teilnehmer luxiert sich beim Abstieg vom Lager zwei die Schulter, er wird in zwei mühsamen Etappen ins Basislager begleitet, wo für den nächsten Tag ein Helikopter nach Kathmandu organisiert wird. Wundersamerweise renkt sich während dem Abstieg die Schulter wieder ein, und kurz vor die Hubschrauberrettung anläuft verschwinden auch die Schmerzen und das Fortführen der Bergreise ist doch wieder möglich.

Fast so wunderlich ist das Wiederauftauchen des verlorenen Bergsteigers, der zuletzt im Aufstieg zum Lager zwei gesichtet wurde. Danach galt er als verschollen, sein Freund war besorgt, die Expeditionskollegen ratlos. Zwei Tage wird gesucht, gefragt, an Zelte geklopft – bis ein Funkspruch enthüllt, dass er sich doch im Basislager befindet. Welch Mysterium.

Ja, Religiosität wäre hier in vielen Situationen hilfreich, und es ließe sich damit so manches erklären. Statt beten und frohlocken schüttle ich jedoch immer wieder den Kopf, und in besonders kuriosen Fällen kommt sogar der Vanderbell’sche Scheibenwischer zum Einsatz.

Bei all der Aufregung kommen die gelegentlichen Ruhetage genau recht. Wie schön, dass es sie gibt. Diese vergehen jedoch unglaublich rasch. Der Expeditionsleiter einer Gruppe hat dann endlich Zeit, entspannt zwischen Teilnehmern, Basislagercrew, Hochträgern, der Agenur in Kathmandu und den Verantwortlichen in Deutschland zu vermitteln. Danach wollen Unterhosen und Merinoshirts den Dreck der letzten Tage loswerden und es sollte ja noch Speck für die kommenden Tage am Berg angegessen werden. Letzteres stellt bei dem vorzüglichen Basislager-Essen die kleinste Schwierigkeit dar. Manchmal ist auch Zeit für eine Dusche. Und weil das Internet zwischen 23:00 und 4:00 Uhr recht passabel funktioniert, kann auch die Social Media mit Bildern und ein paar Worten gefüttert werden.

Natürlich darf nicht vergessen werden, weshalb diese Ruhetage erfunden wurden: Entspannen, Kaffee trinken, sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und dabei ein gutes Buch lesen. Auch ich habe eines dabei – klassisch, aus Papier. In den letzten zweieinhalb Wochen habe ich es schon bis auf Seite 22 geschafft.

Morgen geht es wieder los, Rucksäcke werden gepackt, Gaskartuschen gezählt und beim Abendessen bleibt kein Krümel übrig, denn wir wollen doch, dass Regen und Schneefall endlich vorüber gehen…

Manaslu Base Camp

Das Trekking ist vorbei, wir sind im Manaslu Basislager auf 4.860 m angekommen und haben mit der Akklimatisation am Berg angefangen. Langsam beginnt der erstere Teil der Expedition.

Nachdem Muren die Straße nach Dharapani an mehreren Stellen unpassierbar gemacht hat, startete unser Trekking früher als geplant. Die 22 Kilometer der ersten, jetzt erweiterten Tagesetappe von Chamje nach Gowa waren ein guter und landschaftlich äußerst interessanter Einstieg. Am nächsten Tag ging es nach Bimthang, unserem letzten Lager vor der ersten großen Hürde, dem 5.135 m hohen Larkya Pass.

Nach einem Akklimtisationstag führten uns 22 km und 1.500 Höhenmeter über diesen Pass nach Samdo, Tags darauf hatten wir eine kurze Etappe nach Samagaon, der letzten Ortschaft vor dem Aufstieg ins Basislager.

Am 8. September ging es dann endlich an den Fuß des Manaslu, zum Basecamp auf 4.860 m, zu unserer Heimat für die nächsten Wochen.

Dass der Monsun noch nicht ganz vorbei ist, bekommen wir jeden Tag mit. Die Nachmittage und Nächte sind meist verregnet, aber es kommt fast jeden Tag ein bisschen Sonne raus. Jedenfalls ist das Wetter gut genug, um in die unteren Lager aufzusteigen, diese einzurichten und den Körper gleichzeitig an die Höhe anzupassen. Und die stabile Schönwetterphase brauchen wir erst in ca. zwei Wochen.

Nach einem Ruhetag im Basislager ging es schon zur Lager 1 und wieder zurück. Der folgende Tag war für die Puja reserviert. Schon in der Früh stand der Lama mit seiner roten Jacke von der Skischule Kitzbühel da. Unser Koch, die Küchenhelfer und Hochträger waren damit beschäftigt, alles für diese wichtige Zeremonie herzurichten.

Die anschließenden zwei Stunden beten, singen, trommeln und klingeln haben die Götter mit Sicherheit auf unsere Seite gebracht, nicht zuletzt aufgrund des uns selbst geopferten Whiskeys und Bier.

Jetzt kann es richtig losgehen. Die weltlichen und geistlichen Formaliäten haben wir nun hinter uns gebracht, wir sind motiviert und können die weiteren Aufstiege kaum erwarten…

Manaslu 2019 – Start Richtung 8.163 m

Die Expedition auf den 8.163 m hohen Manaslu hat gestartet. Ich darf bei dieser Reise als Expeditionsleiter für Amical Alpin dabei sein.

Meine Ausrüstung ist gepackt, 135 kg Gepäck bestehend aus Gruppenausrüstung und meinen Habseligkeiten konnten nach langen Diskussionen am Flughafen München eingecheckt werden, Kathmandu ist erreicht, weiteres Essen fürs Basislager ist eingekauft und das Briefing beim Tourismusministerium ist auch Geschichte. Es kann losgehen!

Morgen Sonntag starten wir die Fahrt Richtung Dharapani, wo unser Trekking zum Basecamp beginnen sollte. Der Monsun hat uns hier jedoch ein Steinchen in den Weg gelegt, die Brücke bei Chamje wurde weggespült, die Straße ist daher unpassierbar. Das ist nicht weiter schlimm, so beginnt unser Trekking eben ein bisschen früher, mit ein wenig Glück können wir die letzte Straßenkilometer ab Tal wieder im Allrad-Fahrzeug sitzen.

Die folgenden sieben Tage bringen uns über den Larkya Pass nach Samagaon und dann weiter zum Manaslu-Basislager auf ca. 4.900 m. Beinahe einen Monat haben wir für die Akklimatisation, die Errichtung unserer vier Lager und den Gipfelgang.

Wir sind eine tolle und motivierte Gruppe bestehend aus 6 Teilnehmern, 3 Hochträgern, einem Koch, einem Küchenhelfer, Andreas – der uns bis zum BC begleitet und dann andere Trekking-Wege geht – und mir.

Ich hoffe, dass die Kommunikation wie geplant funktioniert, denn dann kann ich auf dieser Seite und auf meinen Social Media Kanälen von unseren Fortschritten berichten.

Auch auf dem Blog von Amical Alpin wird regelmäßig über unser Ergehen am Berg berichtet.

Mit großer Vorfreude und einer mächtigen Portion Respekt vor dem Berg schicke ich beste Grüße aus Kathmandu in die Heimat und in die Welt!

Bis bald,

Stefan